Bretagne – Von Saint-Malo nach Vannes
Die Bretagne ist die größte Halbinsel Frankreichs und liegt im äußersten Westen des Landes. Raues Meer, steile Küsten und sanfte Landschaften im Hinterland prägen die Bretagne. In den berühmten Comics von Asterix und Obelix ist die Bretagne der aufmüpfige letzte Flecken Galliens, der sich den Römern nicht unterwerfen will – und etwas davon ist auch in der Realität zu spüren: Überall weht die schwarz-weiße bretonische Flagge und mit Stolz pflegt man die bretonische Kultur und Sprache.
Die Altstadt von Saint-Malo liegt wie eine Halbinsel im Meer. Von der fast 2 km langen Stadtmauer haben wir einen herrlichen Blick die Stadt und die Umgebung. Wir bummeln durch die Gassen, die von imposanten Granitbauten gesäumt sind und starten dann zu einer Rundfahrt entlang der Küste. An einigen Aussichtspunkten haben wir einen grandiosen Blick über die Bucht des Mont-Saint-Michel und können ganz hinten in der Ferne sogar den Klosterberg ganz klein am Horizont erkennen.
In der Bucht des Mont-Saint-Michel liegt das Fischerstädtchen Cancale. Von Saint-Malo aus führt eine kleine kurvenreiche Straße eng an der Felsküste entlang in diesen für seine Austernzucht bekannten Ort. Nach dem Trubel von Saint-Malo zieht es uns wieder in die Ruhe der Kleinstädte. Und gleich neben dem örtlichen Bouleplatz finden wir auch noch einen schönen Platz zum Übernachten!
Wenn irgendwo Pétanque gespielt wird, bleibe ich fasziniert stehen. Wie elektrisiert lausche ich dem Klacken der Stahlkugeln. Kein französisches Dorf kommt ohne Boulodrome aus, das staubige Spielfeld. Wer Boules spielen will, muss natürlich die Regeln kennen: Es spielen immer zwei Mannschaften gegeneinander. Jeder der Spieler (maximal 3 pro Mannschaft) hat zwei oder drei Eisenkugeln. Ziel des Spiels ist es, möglichst viele Kugeln näher an die kleine Holzkugel, das “Schweinchen”, zu bringen als der Gegner. Wer der Kugel am nächsten kommt, wird oft erst nach langem Nachmessen und lebhaften Diskussionen ermittelt.
Entlang der Küste, vorbei an Saint-Cast-le-Guildo, geht es weiter in Richtung Cap Fréhel. Der historische Leuchtturm des Cap ist über 30 Meter hoch. Er gilt als einer der stärksten Leuchttürme Frankreichs mit einer Leuchtweite von über 50 Kilometern.
In der Bucht von Saint-Brieuc liegt die kleine Landzunge Pointe du Roselier. Ein herrlich abgelegener Ort hoch über dem Meer und sehr einsam. Ein idealer Übernachtungsplatz! Wir verbringen den Nachmittag in dieser herrlichen Landschaft, wundern uns aber, dass am späten Nachmittag immer mehr Autos den kleinen Platz füllen und am Abend ein Kommen und Gehen wie in einer Großstadt herrscht. Und um Punkt Mitternacht knallt ringsum das Feuerwerk zum Nationalfeiertag der Franzosen. Über die ganze Bucht verteilt leuchten die “Feux d’artifice”. Ein fantastischer Anblick! Und unsere Nachbarn feiern fröhlich ihren Feiertag auf unserem “ruhigen Übernachtungsplatz”.
Am frühen Morgen des französischen Nationalfeiertags ist Saint-Brieuc wie ausgestorben. Trotzdem finden wir eine offene Bar für einen schnellen Kaffee und ein Croissant. Das muss einfach sein! Im historischen Stadtkern von Saint-Brieuc gibt es einige sehenswerte Fachwerkhäuser aus dem 15. und 16. Jahrhundert, ansonsten ist das Städtchen eher unscheinbar. Die Straße zum örtlichen Hafen Légué, dem fünftgrößten Hafen der Bretagne, führt sehr steil bergab und es macht Spaß, das Sträßchen hinunter und wieder hinauf zu fahren!
Der Weg nach Tréguier führt zu den Ruinen der Abtei von Beauport aus dem 13. Jahrhundert, die im Mittelalter Ziel zahlreicher Pilger war. Vor allem englische Pilger auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela machten hier Rast. Von der einst imposanten Kirche sind nur noch die Außenmauern erhalten. Das Kirchendach und der Glockenturm sind eingestürzt.
An einem weit ins Landesinnere reichenden Meeresarm liegt Tréguier. Wir schlendern vom Hafen durch die Gassen mit den schönen Fachwerkhäusern in den charmanten Ort.
Über den Dächern erhebt sich stolz die Kathedrale. Die im 12. Jahrhundert erbaute Kirche ist eine der schönsten Kathedralen der Bretagne. Nachdem wir die Schönheit der Portale bewundert haben, stehen wir staunend vor der mit Blumenmotiven verzierten Kanzel und den geschnitzten Tierfiguren im Chorgestühl.
Leider ist heute Markt in der Innenstadt. Nicht einer der schönen französischen Wochenmärkte, sondern eine Ansammlung von Ständen mit allerlei Nippes und Überflüssigem. Aber wer auf solchen Märkten gerne nach Handtaschen, Seifen, Küchenutensilien oder gar Unterwäsche sucht, wird sicher fündig. Wir sind immer wieder erstaunt, dass sich das für die Betreiber lohnt.
Wir kehren um und fahren das kurze Stück zurück nach Paimpol, denn wir haben den Ort glatt verpasst. Das wäre auch schade gewesen. Ein schöner Yachthafen mit vielen Cafés und Restaurants lädt zum Bummeln und Genießen ein. Und einen sehr ordentlichen, wenn auch etwas überfüllten Stellplatz direkt am Hafen hat der Ort auch.
So beschließen wir, hier zu bleiben und fallen nach einem anstrengenden Tag todmüde ins Bett. Und um Mitternacht geht es los: Wieder ein nicht enden wollendes Feuerwerk von ungeahnter Größe und Lautstärke. Die Franzosen feiern ihren Nationalfeiertag. Das Feuerwerk muss ganz in unserer Nähe gezündet werden, denn die Böller lassen unser Wohnmobil regelrecht erzittern. Ein wahres Trommelfeuer an Böllern. Unglaublich. Ein Wahnsinnslärm, der erst nach einer guten halben Stunde verstummt. Und wir sind hellwach!
Guingamp ist ein hübsches Städtchen im Landesinneren der Bretagne, nur wenige Kilometer von Paimpol entfernt. Auf dem Weg dorthin müssen wir wieder einmal die französische Gasflasche wechseln. Am einfachsten geht das an den Tankstellen der Supermärkte. Lästig ist das Wechseln trotzdem, denn die französischen Flaschen sind größer als unsere, aus Vollstahl und unglaublich schwer. Aber der nette Herr an der Kasse trägt mir die volle Flasche bis zum Wohnmobil. Merci beaucoup, monsieur!
Als “Rosa Granitküste” wird der Küstenabschnitt der Nordbretagne zwischen Paimpol und Roscoff bezeichnet. Hauptattraktion ist hier der rosa schimmernde Granit mit seinen bizarren Formen und bis zu 20 Meter hohen Felsformationen, die Meer und Wind in das Gestein geschliffen haben.
In Trégastel gibt es einen sehr gepflegten Stellplatz, nur wenige Gehminuten vom Strand mit seinen herrlichen Felsformationen entfernt. Als wir ankommen, ist gerade Ebbe und wir können stundenlang zwischen den Felsen herumklettern, die kleinen Meeresbewohner in den verbliebenen Tümpeln beobachten und das Schlösschen des Komikers und Schauspielers Dieter Hallervorden sehen.
Über Ploumanach und Lannion geht es frühmorgens nach Morlaix. Und das frühe Aufstehen lohnt sich. Ein mystischer Nebel liegt über der Küste und dem Meer und taucht die Landschaft in ein zauberhaftes Licht. Die Nächte sind kalt (um die 12 Grad) und so kann dieses fantastische Naturschauspiel entstehen.
Ein gewaltiges Viadukt überspannt Morlaix. Die Brücke wurde 1864 für die Eisenbahnverbindung Paris-Brest gebaut. Die 58 Meter hohe und 300 Meter lange Eisenbahnbrücke überragt die Altstadt und den Hafen. Die Gassen, die sich zwischen den am Hang gebauten Häusern hindurchschlängeln, laden zum Flanieren ein. Schmale Treppen führen steil hinauf zur ersten Galerie des Viadukts.
Eine bretonische Besonderheit aus dem 16. und 17. Jahrhundert sind die “enclos paroissiaux”. Sie sind einzigartig in Frankreich. Sie bestehen aus der Kirche, einer Umfassungsmauer, einem Eingangstor und einem Kalvarienberg.
In den letzten Tagen haben die touristischen Aktivitäten stark zugenommen, viele französische Urlauber sind unterwegs und das Wochenende steht vor der Tür. Wir befürchten, dass uns der Trubel an der Küste zu viel wird. Am besten entgeht man dem Trubel im Landesinneren, etwas abseits der üblichen Touristenpfade. In Huelgoat finden wir einen wunderschönen, parkähnlichen Campingplatz (Camping La Rivière d’Argent). Klein, ruhig, ohne Animation, ohne Pool und ohne Internet! Idyllisch. Und hier verbringen wir ein völlig entspanntes Wochenende.
Zurück an der Küste besuchen wir Roscoff, eine kleine Stadt auf einer Halbinsel am Ärmelkanal, die einen Abstecher wert ist. Wir schlendern durch das Städtchen und bewundern die alten, reich verzierten Reederhäuser und die spätgotische Kirche. Und erleben einen fantastischen Sonnenuntergang.
Immer an der Küste entlang, so nah wie möglich am Meer, geht es durch wunderschöne Landschaften mit herrlichen Stränden und Steilküsten Richtung Westen. Herrliche Ausblicke und fantastische Küstenabschnitte begleiten uns.
Kurz vor Lampaul-Plouarzel besuchen wir den größten stehenden Menhir Frankreichs: den Menhir von Kerloas. Seit über 5000 Jahren steht der Stein schon an dieser Stelle. Hier soll auch bis ins 19. Jahrhundert ein Hochzeitsbrauch durchgeführt worden sein. Das Brautpaar kam in der Hochzeitsnacht hierher zu dem Stein. Er, damit aus dem Erstgeborenen ein Sohn wird, sie, damit sie zu Hause das Sagen hat. Wir machen dieses Ritual nicht, denn wir haben zwei Töchter und die Rollenverteilung ist auch bei uns klar!
Etwas weiter südlich nehmen wir die Abzweigung zu einem kleinen Parkplatz an der “Pointe de Corsen”. Dies ist der westlichste Punkt Frankreichs und nicht die weiter südlich gelegene Landspitze “Pointe de Raz”.
Die Lebensader von Brest ist eine unglaublich lange Hauptstraße – eine breite, kilometerlange Fußgängerzone mit Grünstreifen und Straßenbahnschienen. Und sehr attraktiven Geschäften, Boutiquen und Restaurants. Für uns neben dem Château das Sehenswerteste der Stadt. Und natürlich der Blick auf den Hafen, den zweitgrößten Militärhafen Frankreichs.
Le Faou liegt an einer engen Flussmündung und besitzt zahlreiche Fachwerkhäuser aus dem 16. Jahrhundert. Und einen schönen, parkähnlichen Wohnmobilstellplatz. Inzwischen ist es so heiß geworden, dass wir froh sind, unter Bäumen im Schatten zu stehen. Und am Abend ergibt sikch noch ein lustig-fröhliches Boule-Duell mit einem französischen Ehepaar.
Quimper ist einfach großartig. Selten haben wir uns so schnell in eine Stadt verliebt! Es ist ein Vergnügen, durch die Gassen der Altstadt von Quimper zu schlendern. In der wirklich schönen und sehenswerten Altstadt steht die „Cathédrale St. Corentin“. Die Türme der Kathedrale sind schon von weitem über der Stadt zu sehen und prägen die Silhouette der Stadt.
Es gibt viele schöne kleine Geschäfte. In der Altstadt kann man Antiquitäten, Bücher und auch CDs mit bretonischer Musik kaufen. Und in der alten Markthalle kann man lecker essen. Wer ein paar Stunden Zeit hat, sollte eine Bootsfahrt auf der Ödet machen, dem Fluss zwischen Quimper und Benodet. Wunderschön!
Wir haben lange überlegt, ob wir uns Concarneuau “antun” sollen. Der zugegebenermaßen sehr schöne Ort ist touristisch so überlaufen, dass es einfach keinen Spaß macht, dort zu bummeln und zu schauen.
Die Bürgersteige sind vollgestopft mit unnötigem Nippes und billigen Souvenirs, die Restaurants überteuert und die Kellner unfreundlich. Andererseits wäre es schade, das Städtchen einfach links liegen zu lassen. Unser Kompromiss: Wir sind pünktlich um halb acht da, finden problemlos einen Parkplatz und der Ort ist ohne Touristenrummel noch schöner.
Carnac ist weltberühmt für seine in Reihen aufgestellten Menhire. Das Besondere an den Menhiren von Carnac im südlichen Morbihan ist ihre unglaubliche Anzahl. 3000 Menhire auf einem Kilometer Länge und über 7000 Jahre alt.
Die Anlagen sind inzwischen eingezäunt und können nur noch im Rahmen von Führungen betreten werden. Diese Regelung dient der Erhaltung der Anlagen, denn an manchen Tagen ergießen sich Touristenmassen aus Reisebussen über die Sehenswürdigkeiten. Ganz früh am Morgen (siehe Concarneau) ist es aber erträglich.
Vannes ist eine Stadt, die uns sofort gefällt. Es macht Spaß durch die Stadt zu schlendern, die schönen Plätze und Fachwerkhäuser zu bewundern, den lebhaften Markt zu besuchen.
Hier endet unsere Reise von Saint-Malo nach Vannes. Durch eine eindrucksvolle und abwechslungsreiche Landschaft mit schönen Städtchen und liebenswerten Menschen. Peut-être à bientôt.