Côte d’Azur und Provence – Teil I

4.7
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Die närrische Zeit steht vor der Tür und wir wollen die Tage nutzen, um nach Südfrankreich zu reisen. Wir sind zwar große Freunde der traditionellen, historischen „Schwäbisch Alemannischen Fasnet“ und lassen uns die Narrensprünge in Elzach, Überlingen oder Rottweil selten entgehen, aber dieses Jahr zieht es uns in die Wärme und das Flair des Südens. Das Wohnmobil ist werkstattgeprüft und hat einen neuen TÜV, so dass der Reise nichts mehr im Wege steht.

Vorbei an Luzern und durch den Gotthardtunnel geht es ohne Stau nach Cannobio am Lago Maggiore. So war der Plan. Leider kam es ganz anders.

Die Straße nach Cannobio ist ab der italienisch-schweizerischen Grenze recht schmal, Richtung Süden fährt man immer dicht an der nur grob behauenen Felswand entlang, Gegenverkehr gibt es reichlich. Mir war diese Strecke schon immer unsympathisch, obwohl wir schmale und enge Straßen lieben. Da einige Fahrzeuge des Gegenverkehrs sehr weit zur Straßenmitte hin fahren, muss ich mich so weit wie möglich rechts halten, um nicht mit dem Gegenverkehr zu kollidieren. Plötzlich gibt es einen lauten Knall, unser rechter Außenspiegel schlägt krachend gegen die Seitenscheibe. Bei nächster Gelegenheit halte ich in einer eigentlich viel zu kleinen Parkbucht an, um den Schaden zu begutachten. Dabei knalle ich mit der hinteren Stoßstange krachend gegen einen hervorstehenden Felsbrocken. Dabei wollte ich nur schnell den Schaden betrachten und vor allem die Straße nicht blockieren.

Die Begutachtung der Schäden ist ernüchternd. Das Gehäuse des Außenspiegels ist völlig zerfetzt, die Spiegelgläser sind Gott sei Dank heil geblieben, aber die Oberfläche ist deutlich gesplittert. Die hintere Stoßstange ist an mehreren Stellen gebrochen und aus der Verankerung gerissen. Aber Scheinwerfer und Blinker funktionieren noch!

Die Stoßstange kann ich notdürftig wieder befestigen, der Spiegel wird mit Panzerband geklebt und so schaffen wir das kurze Stück nach Cannobio auf den Stellplatz am Fluss. Dort wird alles noch einmal gründlich geprüft, der Spiegel soweit geklebt, dass wir weiterfahren können und die Stoßstange mit Panzerband so fixiert, dass sie nicht mehr aus der Halterung rutschen kann. Und dann kommen die Selbstvorwürfe! Übrigens habe ich mal gelesen, dass der rechte Außenspiegel beim FIAT Ducato oder beim PEUGEOT Boxer das am meisten benötigte Ersatzteil ist. Aber das ist nur ein schwacher Trost.

Und dann kommt die richtige Entscheidung: Wir lassen uns die Reise nicht vermiesen!

Und wo kann sich die Seele besser erholen als bei einem guten Essen! Zielstrebig laufen wir das kurze Stück ins Zentrum von Cannobio, steuern unsere Lieblingspizzeria an der Kirche an (Pizza al Campanile) und genießen die für uns beste italienische Pizza am Lago. Delizioso!

Cannobio

Wir brauchen also dringend einen neuen Außenspiegel, denn durch die vielen kleinen Risse im Glas ist der Spiegel nur noch sehr eingeschränkt nutzbar. Da unsere Italienischkenntnisse sehr begrenzt sind, wollen wir das Ersatzteil nicht hier in Italien kaufen, sondern in Frankreich. Also etwa 400 Kilometer südlich. Bevor es auf die Autostrada geht, trinken wir in Verbania noch einen italienischen Cappuccino in der kleinen Bar gegenüber dem Fähranleger, machen einen Bummel durch das schöne Städtchen und fahren auf der Autobahn bis ans Mittelmeer.

Verbania
Verbania

In Menton, Frankreich, gibt es einen größeren Peugeot-Händler, der auch Ersatzteile vorrätig haben soll. Der Betrieb ist schnell gefunden, aber das kleine Autohaus hat auf keinen Fall ein größeres Ersatzteillager. Außerdem liegt es mitten in der Stadt und ein Anhalten ist schlichtweg unmöglich. Eine Hofeinfahrt zur Werkstatt, die breit genug für ein Wohnmobil ist, gibt es nicht. Also wieder im Internet recherchiert und weiter nach Antibes.

Der Peugeot-Händler vor Ort ist sehr bemüht, aber erst nach einem Telefonat mit dem Großhändler glaubt er zu wissen, welchen Außenspiegel er für uns bestellen muss. Und morgen um 9 Uhr soll das Ersatzteil vor Ort sein.

Nach all dem Trubel haben wir keine Lust mehr einen Schlafplatz zu suchen. Kurzerhand steuern wir den Parkplatz des Marinelandes an. Für eine Nacht ist der Platz in Ordnung, aber leider sind die angrenzende Straße und die Bahnlinie sehr laut.

In der Nacht fällt mir ein, dass man zum Wechseln des Außenspiegels die Seitenverdunkelung von Remi abmontieren muss. Ob die Peugeot-Leute das schon mal gemacht haben, wage ich zu bezweifeln. Da ich das Seitenteil auch noch nie montiert/demontiert habe, rufe ich meinen Wohnmobilhändler an und lasse mir die Prozedur erklären. Eigentlich ist es ganz einfach. Ich lasse mir auch gleich einen Kostenvoranschlag für den defekten Leuchtenträger mailen!

Der Außenspiegel ist beim Peugeot-Händler angekommen! Hurra! Aber es ist der falsche! Ich schlage dem Monteur vor, den neuen Spiegel mit dem alten zu vergleichen, bevor er den defekten abmontiert. Sonst hätte er nicht das Remis-Seitenteil und den defekten Spiegel abmontieren müssen, um dann festzustellen, dass der bestellte Spiegel nicht passt. So ein Mist!

Also alles wieder auf Anfang. Gott sei Dank ist der Mechaniker sehr geschickt und sorgfältig, und wir befestigen das Seitenteil und den alten Spiegel wieder fachmännisch. Der richtige (?) Spiegel ist bestellt und soll morgen um 9 Uhr da sein. Na dann.

Die Côte d’Azur ist kein einfaches Reiseziel für Wohnmobilisten. Es gibt nur wenige offizielle Stellplätze und die bergige Gegend macht es schwer, frei zu stehen. Da wir mehrere Städte besuchen wollen, mieten wir uns auf einem Campingplatz zwischen Nizza und Cannes ein. In Villeneuve Loubet finden wir einen schönen Platz (La Vieille Ferme). Von hier sind es 200 Meter bis zur Bushaltestelle nach Cannes oder Nizza. Bis zum Bahnhof ist es ungefähr ein Kilometer. Geht also auch noch gut zu Fuß. Perfekt!

Wir nehmen gleich den nächsten Bus nach Antibes. Für 1,50 Euro pro Person kommen wir schnell und ohne Parkplatzsuche in die Stadt. Uns gefällt die schöne Altstadt von Antibes mit ihren engen Gassen und dem französischen Flair.

Antibes
Antibes
Cap d’Antibes

Der Außenspiegel ist da! Und er passt! Halleluja! Die Montage geht schnell, der Monteur weiß noch, wie er es gestern gemacht hat. Die Rechnung dafür ist „gesalzen“. Ich rufe noch schnell bei meinem Peugeot-Händler in Freiburg an, um zu erfahren, was das Ersatzteil bei uns kostet. Es ist ziemlich genau die Hälfte von dem, was ich hier bezahlen muss. Ich glaube aber nicht, dass man uns einen „Touristen- und Notfallpreis“ berechnet hat, denn die Werkstatt macht einen seriösen Eindruck. Es hilft alles nichts, mit dem defekten Spiegel wären wir nicht weit gekommen.

Wir fahren zurück zum Campingplatz und mit dem Bus nach Cannes. Im Gegensatz zu gestern ist der Bus heute richtig voll, die Luft stickig und schwül… so macht der öffentliche Nahverkehr keinen Spaß, auch wenn die Fahrt wieder nur 1,50 € pro Person kostet.

Wir sind enttäuscht von Cannes. Vom einstigen Glanz von Cannes entdecken wir nicht mehr viel. Der Ruf der Stadt übertrifft die Realität bei weitem. Bei den „Internationalen Filmfestspielen“, die jedes Jahr im Mai im „Palais des Festivals et des Congrès“ stattfinden, mag die Stadt glanzvoller erscheinen.

Cannes

Heute machen wir uns auf den Weg in das nur wenige Kilometer entfernte Grasse. Unterwegs wechseln wir an einer Tankstelle die leere Gasflasche. Ich muss die Stahlflasche ziemlich weit vom Lager zum Wohnmobil schleppen. Und das nervt gewaltig. Mit einer kleinen Sackkarre wäre es viel rückenschonender. Im Internet finden wir schnell den Gartenmarkt „Leroy Merlin“, lassen uns dorthin navigieren und kaufen für wenig Geld ein solches Gefährt. Passt!

Die Stadt Grasse liegt im Hinterland der Côte d’Azur. Wir quälen uns in einer langen Autoschlange den Berg hinauf in die Stadt, kurven ein wenig herum, bis wir merken, dass wir nie und nimmer einen Parkplatz finden werden, zumal auf dem großen Parkplatz am Ortseingang hunderte von 2CVs stehen und alles blockieren. Also zurück ins Tal nach Mouans-Sartoux. Dort gibt es genügend Parkplätze und ein nettes Bistro mit einer leckeren „Plat du jour“! Mit dem Bus geht es dann ganz bequem wieder hinauf in die Altstadt von Grasse.

Grasse
Grasse
Grasse
Grasse

Der Karneval in Nizza ist ein großartiges Schauspiel. Mehr als zwei Wochen dauern die Karnevalsfeierlichkeiten. Tag und Nacht ziehen farbenfrohe Umzüge durch die Stadt.

Dieses Highlight wollen wir uns nicht entgehen lassen. Im Vorfeld haben wir uns über das Internet Eintrittskarten besorgt, denn nur wer Eintritt bezahlt hat, darf zuschauen. Die Umzugsstrecke ist hermetisch abgeriegelt und an den Zugängen werden strenge Personenkontrollen durchgeführt. Fröhliche und ausgelassene Zuschauer Massen erwarten den Wagenzug, der in diesem Jahr unter dem Motto „König der Mode“ steht. Nicht wie in Köln oder Mainz werden Kamelle geworfen, sondern tonnenweise Konfetti rieselt auf die Menge herab. Ein unvergleichliches Spektakel!

Carnaval Nice
Carnaval Nice
Carnaval Nice
Carnaval Nice

Heute Morgen zwitschern die Vögel um die Wette, die Sonne lacht vom Himmel … wir bleiben noch ein paar Tage hier. Bei dem schönen Wetter wollen wir uns heute Nizza ohne Karneval anschauen und morgen vielleicht mit dem Zug nach Menton oder Monte Carlo fahren.

Mit Bus und Tram sind wir schnell im Zentrum von Nizza, der fünftgrößten Stadt Frankreichs. Was für ein Kontrast zu Cannes! Hier spüren wir, dass Nizza eine mondäne und glamouröse Stadt geblieben ist. Wir schlendern durch die Altstadt „Vieille Ville“, bummeln durch die charmanten Gassen und Hinterhöfe und bewundern die schönen Plätze und Boulevards. Auf dem Marktplatz „Cours Saleya“ ist heute Trödelmarkt (immer montags). An Hunderten von Ständen bieten Händler ihre zum Teil sehr wertvollen Waren an. Sammler von Antiquitäten und „Nippes“ werden hier sicher fündig.

In einem kleinen Bistro am Marktplatz essen wir stilecht einen leckeren „Salade Niçoise“, sitzen in der Sonne, trinken Kaffee und genießen. Es geht uns gut…

Entlang der Promenade des Anglais (weil von den Engländern Mitte des 19. Jahrhunderts finanziert) schlendern wir zurück ins Zentrum. Am Strand liegen die Sonnenhungrigen, einige sind sogar schon im Wasser. Brrrh!

Nizza
Nizza
Nizza
Nizza
Nizza

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