Frankreich von Nord nach Süd – Teil II
Bevor wir nach Clermont-Ferrand aufbrechen, füllen wir unsere Vorräte im örtlichen Supermarkt auf. Neben dem Supermarkt finden wir auch eine Selbstbedienungs-Autowaschanlage. Unser Wohnmobil hat eine gründliche Wäsche bitter nötig. Das ist zwar immer zeitaufwendig und sehr anstrengend – aber danach glänzt alles wieder wie neu.
Über St-Pourcain-sur-Sioule, wo wir ein gutes französisches Mittagessen genießen, erreichen wir Clermont-Ferrand. Dies ist der Industriestandort der MICHELIN Reifen und die französische Partnerstadt von Regensburg. In der Nähe der Fabrik gibt es einen neuen, großen P&R-Parkplatz mit Wohnmobilstellplätzen. Und direkt davor fährt die Straßenbahn in die Innenstadt. Perfekt!
Clermont-Ferrand ist eine sehr grüne und lebendige Stadt mit vielen Studenten. Auf den Plätzen in der Innenstadt finden wir viele Straßencafés und Restaurants. Alle haben Außenbestuhlung, denn an diesem Nachmittag ist es gut 20 Grad warm. Wir schlendern von der Straßenbahnhaltestelle durch die Stadt hinauf zur Kathedrale Notre-Dame-de-l’Assomption. Die hochgotische Kathedrale, auch Schwarze Kathedrale genannt, ist ganz aus dem dunklen, porösen Lavagestein von Volvic erbaut. Sie ist die einzige große Kathedrale aus diesem Material. Im Inneren befinden sich wunderschöne Bleiglasfenster.


Die Nacht verbringen wir mit anderen Wohnmobilen auf dem P&R-Parkplatz. Zunächst ist alles ruhig, bis zwischen 1 und 4 Uhr morgens immer wieder Motorräder mit aufheulenden Motoren an uns vorbeirauschen. Die Jugend scheint den großen Platz als Rennstrecke entdeckt zu haben. An Schlaf ist nicht zu denken.
Nach dieser unruhigen Nacht versuchen wir am Morgen so lange wie möglich zu schlafen. Das fällt uns auch nicht schwer, denn es regnet in Strömen.
Gegen Mittag fahren wir nach Issoire. Dort steht eine der schönsten Kirchen, die wir kennen. Die Hauptsehenswürdigkeit des Ortes ist die Basilika St. Julien, die in der Tat bemerkenswert ist, da sie überwiegend romanischen Ursprungs ist. Das sieht man schon an der äußeren Form der geduckten Türme, aber noch mehr an den Rundbögen und den maurisch rot-weiß gestreiften Säulen im Inneren der Kirche. Wunderschön.
Der Ort ist heute menschenleer. Heute ist Feiertag (Tag des Waffenstillstands 1945), im Zentrum hat wohl eine Gedenkveranstaltung stattgefunden. Einzelne Soldaten in Galauniform sind noch auf den Straßen zu sehen.


In Issoire sehen wir wieder einen der in Frankreich immer zahlreicher werdenden Pizza-Automaten. Rund um die Uhr kann man auf dem Display verschiedene Pizzen auswählen und kaufen. Ob in dem Automaten kleine italienische Heinzelmännchen die Pizzen backen, wissen wir nicht. Aber aus dem Ausgabeschacht riecht es lecker nach frisch gebackener Pizza. Vielleicht probieren wir das bei nächster Gelegenheit einmal aus.

Wir fahren, wieder im Regen, nach Brioude und übernachten auf dem parkähnlichen Stellplatz an der Stadtmauer.
Heute Nacht hat ein Sturm das Wohnmobil kräftig durchgeschüttelt. Es bleibt leider regnerisch. Zum Frühstück fahren wir in die Stadt. In der Tageszeitung lesen wir einen Bericht über die Schaufensterdekorationen in Brioude. Viele Schaufenster sind mit Motiven der “Tour de France” bemalt. Am 14. Juli (also sogar am Nationalfeiertag der Franzosen) ist Brioude der Zielort der Tour. Es ist immer wieder faszinierend, welchen Stellenwert dieses Radrennen in Frankreich hat. Schon zwei Monate vorher spürt man die Spannung und Vorfreude auf dieses Ereignis in der Stadt.





Ein Mix aus Regen und Sonnenschein begleitet uns auf dem Weg zu unserem nächsten Etappenziel: Aurillac. Diesen Ort kennen wir von früheren Fahrten, er gibt touristisch nicht viel her. Deshalb steuern wir nur den örtlichen Übernachtungsplatz an. Der offizielle Stellplatz von Aurillac ist allerdings unterirdisch schlecht, direkt an der Hauptstraße und sehr ungepflegt. Wir suchen ziemlich lange, bis wir schließlich beim Krankenhaus auf einem abgelegenen Parkplatz ganz allein eine wunderbar ruhige Nacht verbringen.

Heute wollen wir bis zur Dordogne weiterfahren. Doch zuerst fahren wir nach Aurillac in den Supermarkt, um unsere Vorräte aufzufüllen. Die Fisch- und Käsetheken begeistern uns immer wieder. Liebevoll arrangierte Auslagen, die zum Kaufen und Essen einladen. Als wir uns von Aurillac auf den Weg machen (natürlich müssen wir auch der örtlichen DECATHLON-Filiale einen Besuch abstatten), ist es schon fast Mittag. Unterwegs stehen einige Handwerkerfahrzeuge vor einem kleinen Restaurant (mitten in einer unbewohnten Gegend). Das ist immer ein gutes Zeichen für ein gutes, reichhaltiges und preiswertes Mittagessen. Und so ist es auch hier!


In Beaulieu-sur-Dordogne finden wir schnell einen Übernachtungsplatz und machen uns auf den Weg in das hübsche Städtchen. Der Ort freut sich auf “La Fête de la Fraise”, das Erdbeerfest am übernächsten Tag. Die ganze Stadt ist mit Erdbeermotiven geschmückt. Für die Besucher gibt es einen überdimensionalen Erdbeerkuchen. Aber so lange warten wir nicht. Wir kaufen uns eine Schale frische Erdbeeren. Die kommen nämlich aus Beaulieu-sur-Dordogne und schmecken köstlich.

Heute verlassen wir unsere direkte Route nach Süden und machen einen Abstecher in unsere Lieblingsregion in Frankreich: das Périgord. Am Rande dieser Region liegt Rocamadour.
Dieser Ort hat eine einzigartige Besonderheit: Er ist “senkrecht” gebaut. Über einem Bach die Häuser, über den Häusern die Kirche, über der Kirche der Fels und auf dem Fels das Schloss. Der Legende nach lebte in einer Höhle des Felsens ein Einsiedler namens Amadour. Sein Leichnam wurde 1166 unverwest in einem Grab unter dem Altar der Kirche Notre Dame gefunden. Dieses Wunder und die gleichzeitige Marienverehrung der Benediktinermönche machten aus Rocamadour bald einen Wallfahrtsort. Im selben Jahrhundert war der Ort bereits Teil des Jakobspilgerweges, obwohl er nicht am eigentlichen Jakobsweg lag. Die Jakobsbruderschaft errichtete in Rocamadour zahlreiche Herbergen und sogar ein Krankenhaus. Die vertikale Stadt ist durch eine große Treppe verbunden. So gelangt man vom „profanen Teil der Stadt“ in den „heiligen Bezirk“. Auf halber Höhe der „Grand Escalier“ erinnert eine Tafel an der Mauer daran, dass Rocamadour der älteste Wallfahrtsort Frankreichs ist und neben Rom, Jerusalem und Santiago de Compostela zu den vier größten Wallfahrtsorten der Welt gehört.
Leider sind alle uns bekannten Stellplätze in Rocamadour für unser Wohnmobil nicht mehr nutzbar. Sie mussten Parkplätzen für Autos weichen. Das ist sehr schade, denn wir hatten immer einen wunderschönen Platz hinter dem Schloss. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als auf dem örtlichen Campingplatz zu übernachten.




In der Nähe von Rocamadour fährt eine Museumseisenbahn unter Dampf. Bei strahlendem Sonnenschein fahren wir nach Martel zum “Chemin de Fer Touristique du Haut-Quercy”. Das alte Dampfross wartet schon schnaubend auf die Reisenden. In offenen Waggons sind wir eine gute Stunde unterwegs. Durch Tunnels und über imposante Viadukte geht die Fahrt durch eine herrlich grüne Frühlingslandschaft. Angeblich handelt es sich bei diesem Streckenabschnitt um ein altes Teilstück der Bahnlinie Toulouse-Paris. Kaum vorstellbar, dass diese holprige Bahnstrecke einmal die Hauptverbindung war.




