Languedoc und Provence – Teil I
Der Spätherbst ist da. Bei uns sinken die Temperaturen von Tag zu Tag. Zeit, in Frankreich noch einmal Sonne zu tanken. Deshalb führt uns diese Reise in den Süden Frankreichs. In einem weiten Bogen nach Südwesten wollen wir zunächst ins Languedoc und dann in die Provence fahren. Die Wetteraussichten sind hervorragend: Für die Jahreszeit – Anfang Oktober – sind sehr milde Tagestemperaturen vorhergesagt.
Es ist schon früher Nachmittag, als wir aufbrechen. Unser heutiges Ziel sollte eigentlich in der Nähe von Lyon liegen. Das wären gut 400 Kilometer. Doch wir merken schnell, dass das nicht zu schaffen ist, wenn wir unseren Urlaub wie geplant mit einem gemütlichen Abendessen beginnen wollen. Also akzeptieren wir, dass wir heute nicht mehr so weit kommen und planen kurzerhand um. Neues Etappenziel: Beaune. Der erweiterte Stellplatz in der Stadt ist brechend voll. Das schöne Herbstwetter scheint viele Wohnmobilisten zum Reisen zu verführen.
Wir finden schnell ein nettes Restaurant und lassen den ersten Abend gemütlich ausklingen.
Der Start in einen neuen Tag kann kaum besser beginnen als mit einem dampfenden Café au Lait und einem knusprigen Croissant. Beides finden wir in einem kleinen Salon de Thé mit angeschlossener Patisserie in der Altstadt von Beaune. So gestärkt machen wir noch einen ausgiebigen Stadtbummel, bevor wir unsere Reise fortsetzen.
Wir wollen heute Paray-le-Monial besuchen, das Städtchen mit der schönen Basilika. Wir kennen den Ort von früheren Reisen auf einem der französischen Jakobswege.
Die Basilika Sacré-Coeur von Paray-le-Monial ist eine verkleinerte Nachbildung der Abteikirche von Cluny. Seit Ende des 19. Jahrhunderts ist Paray-le-Monial mit seiner Kirche einer der meistbesuchten Wallfahrtsorte Frankreichs. Die Wallfahrten nehmen Bezug auf die Herz-Jesu-Verehrung, die durch die Visionen der Marguerite-Marie Alacoque in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ausgelöst wurde. Mehr noch als die Basilika ist die kleine Kapelle La Colombière der Hauptanziehungspunkt der Pilger.
Nach einem Bummel durch die Stadt und der Besichtigung der Kirchen geht es weiter nach Charlieu, einem kleinen Ort unweit von Paray-le-Monial.
Im historischen Ortskern von Charlieu findet man noch schöne alte Fachwerkhäuser und die Benediktinerabtei mit einem schönen Tympanon. Ansonsten zeigt sich Charlieu eher ländlich und verschlafen.
Von einer früheren Reise kennen wir einen schönen Übernachtungsplatz in Charroux, einem kleinen Dorf auf dem Weg nach Clermont-Ferrand. Von dort aus wollen wir morgen mit der Zahnradbahn auf den Puy-de-Dôme fahren.
Ein leichter Nieselregen weckt uns. Die Wettervorhersage für heute war eigentlich vielversprechend. Klimaveränderungen kann man anscheinend über Jahrzehnte vorhersagen, aber mit dem Wetter klappt das nicht von heute auf morgen. Na ja…
Also umplanen, denn bei diesem grauen Wetter macht ein Besuch des Puy-de-Dôme keinen Sinn. Wir fahren erst einmal in den Ort, kaufen in einer wunderbar altmodischen Bäckerei frische Croissants und Baguettes, trinken in der Bar nebenan einen Kaffee und planen den Tag. Der Wetterbericht verspricht Sonne und angenehme Temperaturen weiter im Süden. Und so beschließen wir, zumal es hier auch noch zu regnen beginnt, zügig weiter Richtung Mittelmeer fahren.
Vorbei an Clermont-Ferrand geht es auf der A75 („La Méridienne“ und mautfrei) nach Süden. Über die immer wieder beeindruckende und wunderschöne Brücke von Millau (mautpflichtig) erreichen wir noch an diesem Tag das Mittelmeer am Cap d’Adge.
Der Wetterbericht verspricht für die nächsten Tage strahlenden Sonnenschein und spätsommerliche Temperaturen. Und tatsächlich: Diesmal scheint die Vorhersage zu stimmen. Allerdings weht ein sehr, sehr starker Wind.
Bisher haben wir Cap d’Adge nur als Übernachtungsort kennengelernt. Heute wollen wir den Ort genauer erkunden. Von unserem Stellplatz aus sind es nur wenige Minuten zu Fuß zum Strand und zur Steilküste. Cap d’Adge ist um diese Jahreszeit ziemlich verlassen. Die Touristen sind verschwunden, Tristesse macht sich breit. Viele Geschäfte und auch Restaurants haben bereits die schweren Metallrollläden heruntergelassen.
Mit einem schneeweißen Katamaran unternehmen wir am Nachmittag einen kleinen Ausflug entlang der Strände von Cap d’Adge nach Adge, das vom Meer aus über einen kleinen Fluss zu erreichen ist. Der Wind weht hier so stark, dass es manchmal fast unmöglich ist, an der Reling entlang zu gehen.
Wieder festen Boden unter den Füßen, geht es weiter durch eine von Weinbergen, Kastanien- und Kirschbäumen geprägte Landschaft in den Parc Naturel Régional du Haut Languedoc. Im Hinterland des Hérault liegt Olargues, ein kleines Städtchen mit dem Prädikat „Les Plus Beaux Villages de France“.
Das Dorf liegt auf einem Felsplateau über einem schönen Tal, das sich zu seinen Füßen erstreckt. Das mittelalterliche Städtchen hat seinen alten Charme bewahrt. Zahlreiche Fachwerkhäuser aus dem 13., 15. und 16. Jahrhundert gibt es zu bestaunen.
Unweit von Olargues liegt Minerve. Auch dieser Ort steht auf der Liste „Les plus Beaux Villages de France“. Die Katharerstadt liegt auf einem Felsvorsprung über der grandiosen Schlucht der Cesse in einer kargen Landschaft.
Minerve war einer der Zufluchtsorte der Katharer, einer christlichen Glaubensgemeinschaft. Nach einer erbitterten Belagerung mussten sich die Katharer im Sommer 1210 ergeben. Alle Versuche, die Katharer zu bekehren, schlugen fehl, 180 Katharer stürzten sich freiwillig auf den Scheiterhaufen.
Heute zeigt sich Minerve in der Spätherbstsonne lieblich und romantisch. Die Gassen laden zum Flanieren ein. Abenteuerlich ist nur die Anfahrt zum Parkplatz des Ortes. Auch mit dem Wohnmobil folgt man der Beschilderung zum PKW-Parkplatz. Auf einer kleinen, aber noch gut befahrbaren Straße geht es zunächst hinunter ins Tal und auf der gegenüberliegenden Seite wieder steil hinauf zum Parkplatz. Ein separater Teil davon ist für Wohnmobile reserviert, aber nicht ernsthaft zu nutzen, da der Platz extrem steil und mit losem Geröll übersät ist.
Wir fahren weiter über eine kleine, kurvige Straße zum Canal de Midi in Le Port-Somail und finden direkt am Kanal einen schönen Übernachtungsplatz.
Heute Nacht tobt ein heftiger Sturm. Auch am Morgen pfeift uns der Wind um die Nase. Der nationale Wetterdienst hat für heute eine Sturmwarnung herausgegeben. Der Sturm ist so heftig, dass das Fahren höchste Konzentration erfordert. Teilweise haben wir Mühe, mit dem Wohnmobil gegen den Sturm anzukämpfen.
Nur wenige Kilometer vom Meer entfernt liegt eine unserer Lieblingsstädte im Languedoc: Narbonne. Die 2.500 Jahre alte Stadt beherbergt in ihrem historischen Zentrum zwei denkmalgeschützte Gebäude: die Kathedrale Saint-Just-et-Saint-Pasteur und den Palast der Erzbischöfe.
Leider finden wir in Narbonne keinen vernünftigen Übernachtungsplatz, dafür aber in Narbonne-Plage einen schönen Stellplatz.