Périgord und Provence
Ein schönes Wochenende im französischen Jura geht zu Ende. Meine Frau, die leider noch arbeiten gehen muss, fährt zurück nach Hause. Ich habe das große Privileg, meine Reise Richtung Périgord fortsetzen zu können, aber eben leider alleine. In 2 Wochen treffen wir uns wieder im TGV-Bahnhof von Valence, um zusammen ihren Resturlaub in der Provence zu verbringen.
Charroux ist ein kleines verschlafenes Nest in der Nähe von Vichy. Das Städtchen gehört zur Gemeinschaft “Plus Beaux Villages de France”, den schönsten Dörfern Frankreichs. Es ist schon später Nachmittag als ich in Charroux ankomme. Leider ist der schöne Parkplatz im Ort inzwischen für Wohnmobile gesperrt. Schade, denn er war wirklich perfekt in einem kleinen Park gelegen. Es ist nicht schwer anzunehmen, dass wieder mal die lieben Wohnmobil-Kollegen durch ihr dummes Verhalten selbst dafür gesorgt haben, dass Gemeinden Übernachtungsmöglichkeiten beschränken. Aber hinter dem Friedhof, etwas außerhalb des Ortes, finde ich dann doch einen ruhigen Schlafplatz. Ich bummle in der untergehenden Sonne noch ein bisschen durch den Ort. Eine bezaubernde Lichtstimmung liegt über dem Städtchen und lässt es besonders reizvoll und romantisch erscheinen.



Heute Nacht war es richtig kalt. Das Thermometer zeigt grade noch 2° Celsius an. In der Morgendämmerung (um 5 Uhr!) schaue ich aus dem Fenster: Die Landschaft liegt bei Sonnenaufgang in einem wunderbaren mystischen Licht. Wunderschön. Und herrlich für Fotografen!

Von Charroux aus ist es eine gute Stunde Fahrt bis zum Puy de Dôme*, dem höchsten Vulkangipfel der Auvergne. Um 9 Uhr fährt die erste Zahnradbahn zum Gipfel. Was ich aber nicht berücksichtigt habe, ist, dass ich mich durch den Berufsverkehr von Clermont-Ferrand quälen muss. Es ist schon fast 10 Uhr, als ich am Bahnhof der Zahnradbahn zum Gipfel ankomme.
Vom Parkplatz des “Panoramique des Dômes” aus führen zwei Wege auf den Gipfel des Puy de Dôme: der Chemin des Chèvres (4,9 km, 3 Std.) und der Chemin des Muletiers (3,9 km, 2 Std.). Der “Maultierweg” ist gegenüber dem “Ziegenweg” etwas kürzer, aber dafür auch deutlich steiler.
Ich ziehe die Fahrt mit der Zahnradbahn vor! Der Fahrkartenkauf ist schnell erledigt und die Fahrt zum Gipfel dauert keine 20 Minuten. Ich bin froh, mir zwei Pullover und eine dicke Jacke angezogen zu haben, denn hier oben ist es nicht nur “saukalt” sondern auch ein eisiger, strammer Wind bläst mir um die Ohren. Aber es ist wunderschön! Unter mir der Morgennebel, oben strahlender Sonnenschein. Der Wind bläst ganz oben an der Wetterstation so stark, dass er mich fast aus dem Gleichgewicht bringt. Fotografieren ist fast unmöglich. Und nach einer ¾ Stunde Aufenthalt bin ich froh, wieder in die warme und windgeschützte Zahnradbahn klettern zu dürfen.
* Der Puy de Dôme ist mit seinen 1465 Metern der höchste Vulkan der Bergkette der Puys und ein Symbol des Departements. Er liegt im Herzen des Zentralmassivs, ca. 15 Kilometer von Clermont-Ferrand entfernt. Dieser Gipfel trägt das Gütesiegel “Grand Site de France”, das besondere Naturschätze Frankreichs auszeichnet. Hoch oben auf dem Gipfel stehen die Überreste eines galloromanischen, dem Merkur geweihten Tempels, sowie eine Wetterstation und ein Informationszentrum zum Thema Vulkanologie.





Hinter Tulle verlasse ich die Autobahn und fahre auf schmalen, von Walnussbäumen gesäumten Sträßchen ins „Périgord vert“ nach Brantôme. Dieses Städtchen ist einer meiner Lieblingsorte in Frankreich!
Ich war vor bald 40 Jahren zum ersten Mal hier, und immer wieder habe ich den Wunsch, hierher zurück zu kommen. Es gibt sicher keinen Platz in Brantôme auf dem ich nicht schon im Wohnmobil übernachtet habe. Das war damals einfach alles noch möglich! Heute hat der Ort einen perfekten Stellplatz an einem schönen Park mit herrlichem alten Baumbestand.
Mir gefällt es wieder mal so gut, dass ich gleich ein paar Tage hier bleibe. Ich fühle mich zuhause! Die Damen in der Bar “Chez Domi” kennen mich inzwischen, wissen, was ich immer bestelle, und für ein “Schwätzchen” reicht mein Französisch allemal. Das “Chez Domi” ist übrigens ein Restaurant!!
Wer an einem Freitag hier ist, kann einen der ursprünglichsten und urigsten Wochenmärkte im Perigord erleben. Und im Herbst kann man auch über einen bedeutenden Trüffelmarkt schlendern, veranstaltet von den einheimischen Trüffelsuchern. Und natürlich auch kaufen! Und so manche frische Wildschweinwurst lässt sich auch gleich noch verkosten.





Mit ein bisschen Wehmut verlasse ich nach ein paar schönen Herbsttagen Brantôme, freue mich aber schon auf die schöne Gegend im Tal der Dordogne. Nach einem kurzen Stopp in Périgueux (schöner Wochenmarkt am Mittwoch) fahre ich auf gewundenen und kurvigen Nebensträsschen durch eine herrliche Herbstlandschaft nach Bergerac.


Und bin von Bergerac ein bisschen enttäuscht. Das historische Zentrum ist sehr klein und überschaubar, der Rest ist französische Kleinstadt. Es fällt aber auf, dass es überdurchschnittlich viele gute Lokale gibt. sogar zwei (!) mit Michelin Sternen dekorierte Restaurants. Die leiste ich mir zwar nicht, aber trotzdem werde ich kulinarisch sehr verwöhnt!



Von Limeuil (Les Plus Beaux Villages de France) kannte ich bisher nur den direkt an der Dordogne liegenden Teil am Zusammenfluss von Dordogne und Vézère. Heute mache ich mich auf, das erste Mal die Oberstadt zu besichtigen. Es geht steil, sehr steil nach oben! Durch eines der drei erhaltenen Zugangstore gelange ich durch die gut erhaltene Stadtmauer ins Innere des mittelalterlichen Städtchens. Typisch sind die schmalen, kleinen Gassen, die zum Sammeln von Abwasser aus den Latrinen genutzt wurden, aber auch als „Brandschneise“ dienten, um die Ausbreitung von Bränden zu verhindern. Gott sei Dank ist heute alles in der Kanalisation!





Am Rande der mittelalterlichen Altstadt von Sarlat-la-Canéda finde ich schnell einen Parkplatz und der Bummel durch den Ort kann beginnen. Die Altstadt lädt ein zum Flanieren und ist reich an malerischen Gassen, Durchgängen und Hinterhöfen. Und wer an einem Samstag hierher kommt, kann auch noch einen der schönsten und größten Wochenmärkte der Gegend erleben. Dann kann man manchmal noch hören, dass die Älteren das „langue d’oc“ oder Okzitanisch sprechen. Es ist immer noch verbreitet und wird inzwischen auch wieder an verschiedenen Schulen unterrichtet.





Ich habe vor, an meinen Lieblings-Übernachtungsplatz zwischen Sarlat und La Roque-Gageac zu fahren. Unterwegs noch schnell eine frische Gasflasche kaufen und dann am Ufer der Dordogne in der Herbstsonne sitzen. Aber daraus wird leider nichts, weil der kleine Campingplatz schon geschlossen hat. Der Stellplatz in La Roque-Gageac ist mir zu voll, alle stehen sie dicht an dicht, und so mache ich nur einen kleinen Bummel durch den Ort und fahre dann zurück nach Limeuil auf meinen abgeschiedenen Übernachtungsplatz. Und bin wie gestern mutterseelenalleine!



In Limeuil erwartet mich ein herrlicher Sonnenuntergang. Und am nächsten Morgen erlebe ich einen spektakulären Sonnenaufgang. Was will das Fotografenherz mehr!


Ähnlich wie Brantôme ist Rocamadour auch so ein Ort, den wir, vor allem wegen und mit den Kindern, vielfach besucht haben. Und ich freue mich darauf, heute wieder mal hinzufahren. Von Limeuil aus ist es nicht besonders weit, aber auf den wirklich schmalen und kleinen Sträßchen (breite gibt es hier in der Gegend gar nicht) bin ich trotzdem fast zwei Stunden unterwegs.
Leider hat das kleine Campingplätzchen im Ort seit Mitte Oktober schon geschlossen. Also muss ich mich mit den offiziellen Wohnmobilstellplatz begnügen. Der ist neu angelegt, eigentlich ganz ansprechend, aber leider ohne jegliche Infrastruktur. Und dafür einfach viel zu teuer. Dafür stehe ich direkt hinter dem Schloss und vor dem Schrägaufzug, der in das unten im Tal liegende Städtchen und die Klosteranlage (UNESCO-Weltkulturerbe) fährt.
Ich gehe aber zu Fuß die lange Straße der Jakobspilger entlang, die steil von l’Hospitalet nach Rocamadour hinunter führt. In l’Hospitalet war zu den Hochzeiten der Jakobspilgerschaft ein Hospital für kranke Pilger errichtet worden. Leider stehen von diesem Gebäude nur noch die Grundmauern.
Rocamadour stellt eine einmalige Besonderheit dar: Es ist „senkrecht“ gebaut. Über einem Bach die Häuser, über den Häusern die Kirche, über der Kirche der Fels und auf dem Felsen das Schloss. Der Sage nach lebte in einer Grotte des Felsens ein Eremit namens Amadour. Seinen Leichnam fand man im Jahr 1166 unverwest in einem Grab unter dem Altar der Kirche Notre Dame. Dieses Wunder und die gleichzeitige Marienverehrung durch die Benediktinermönche machten Rocamadour alsbald zur Wallfahrtsstätte. Im selben Jahrhundert gehörte der Ort bereits zum festen Bestandteil der Jakobspilgerschaft, obwohl er nicht am eigentlichen Jakobsweg lag. Die Jakobsbruderschaft baute viele Herbergen und sogar ein Spital in Rocamadour. Verbunden wird die senkrechte Stadt über eine große Treppe. Damit gelangt man vom „profanen Teil” der Stadt in den „heiligen Bezirk“. Auf halber Höhe der „Grand Escalier“ hängt an der Mauer eine Tafel, die daran erinnert, dass Rocamadour die älteste Pilgerstätte Frankreichs ist und zusammen mit Rom, Jerusalem und Santiago de Compostela zu den vier größten christlichen Wallfahrtszielen der Welt gehört.
Ich bleibe einige Tage in Rocamadour, genieße es, dass außer mir nur noch wenige Besucher da sind und freue mich über das herrliche Herbstwetter.





Cahors liegt auf einer Halbinsel des Lot. Das bekannteste Bauwerk der Stadt ist die Brücke über den Fluss (gebaut im 14. Jahrhundert, heute Welterbe der UNESCO). Das Einmalige der Brücke sind die drei Brückentürme. Das gibt es so angeblich sonst nirgends.
Das zweite bedeutende Bauwerk von Cahors ist die majestätische Kathedrale Saint-Etienne mit zwei Kuppeln und einem schönen romanischen Portal mit prächtigem Tympanon.



Entlang des Lot mache ich mich auf den Weg Richtung Saint-Cirq-Lapopie. Der kleine Ort (Les Plus Beaux Villages de France) liegt hoch über dem Tal des Lot. Erst auf einem Feldweg, dann auf einem Wanderweg und zuletzt auf einem sehr steilen schmalen Geröllweg marschiere ich vom Übernachtungsplatz aus hoch in den Ort. Oben angekommen falle ich erschöpft in den Stuhl des einzigen offenen Cafés. Der Ausblick ins Tal belohnt aber allemal für die Kraxelei.


Als ich zeitig von Saint-Cirq-Lapopie zur Weiterfahrt aufbreche liegt Nebel über dem Lot. Eine mystische Stimmung liegt über dem Tal. Magnifique!


Dafür ereilt mich in Figeac der Parkplatzwahnsinn. Ich war schon oft hier, und immer (!) habe ich stundenlang, manchmal vergeblich nach einem Parkplatz gesucht. Und heute habe ich ja richtig Glück, schon nach 20 Minuten den Motor abstellen zu können. Dass ich davon 10 Minuten gebraucht habe, um rückwärts aus einem dann doch voll besetzten Sackgassen-Parkplatz wieder rauszukommen sei nur am Rande erwähnt.
Figeac ist ein typischen französisches Städtchen mit Mittelalter-Charakter. Die malerischen Gassen mit schönen Patrizierhäusern laden ein zum Bummeln, in der ehemaligen Markthalle hat sich die Gastronomie niedergelassen. Ich habe seit Tagen keine ausländischen Touristen mehr gesehen, alles ist Frankreich “pur”. Die “Plat du jour” ist preisgünstig und ehrlich, nur der Café Gourmand ist aufpreispflichtig!



Herausragend in Conques ist die romanische Abteikirche mit dem bewundernswerten Tympanon des Jüngsten Gerichts. Das Dörfchen mit der bedeutenden Wallfahrtskirche liegt “im Nirgendwo”, auf einspurigen Sträßchen fahre ich stundenlang hierher.
Und es ist schön, wieder einmal hier zu sein. Und mich überkommt hier auch wieder der Mythos des Jakobswegs nach Santiago de Compostela. Vielleicht nächstes Jahr wieder einmal!
Zur Zeit des Aufkommens der Pilgerreisen nach Santiago de Compostela wurde Conques zu einer der wichtigsten Stationen auf der “Via Podiensis”, dem ältesten Abschnitt des Jakobsweges in Frankreich. Auf dem Vorplatz der Kirche treffe ich einen Stuttgarter, der von zuhause aus seit 2 Monaten zu Fuß den Jakobsweg pilgert und noch eine sehr weite Reise vor sich hat.



Auf dem Vorplatz der Kirche erklärt ein Pater mit vollem Körpereinsatz einer Gruppe Jugendlicher die Bedeutung des Tympanon. Er tut dies mit so viel Hingabe und Engagement, dass ihm alle “andächtig” zuhören. Ich bewundere die große Disziplin dieser Schulklasse!



Zu Bedeutung gelangte das Kloster Conques 880, als die Reliquien der Hl. Fides (Sainte-Foy) hierher gebracht wurden. Sie starb im 3. Jahrhundert im Alter von 12 Jahren den Märtyrertod. Ihre Überreste wurden zunächst im Kloster von Agen aufbewahrt. Da ein Kloster zu jener Zeit ohne Reliquien keine Chance hatte zu Ruhm und zu Bedeutung zu gelangen und Conques keine besaß, ließ sich einer seiner Mönche in Agen als Bruder aufnehmen, wo er es nach 10 Jahren schaffte, zum Wächter der Reliquien ernannt zu werden. Während die Mönche von Agen dann eines Tages im Refektorium saßen, schnappte sich Bruder Arosnidus die Knochen der Hl. Fides und brachte sie nach Conques. Offenbar war dieser Diebstahl damals eine lässliche Sünde, denn die Figur des pfiffigen Mönchleins befindet sich im Tympanon der Kirche auf der Seite der Auserwählten.
Das Museum von Conques (Eingang beim Kreuzgang) ist eine wahre Schatzkammer mit dem reichsten mittelalterlichen Goldschmiedeschatz Frankreichs. Neben vielen bemerkenswerten Ausstellungsstücken ragt die Reliquienstatue von Sainte-Foy heraus. Aus Gold und übersät mit Edelsteinen. Grandios!
Fotografieren ist hier strengstens verboten! Ich kann aber nicht anders – ich muss von der Reliquienstatue der Sainte-Foy unbedingt ein Foto machen. Also heimlich die Kamera vor den Bauch, durch das Display fixiert … Klick, schon ist das Bild “im Kasten”. Als ein anderer Besucher des Museums bemerkt, dass ich fotografiere, traut er sich auch, wird von der Aufsicht dabei erwischt und er wird sehr energisch darauf hingewiesen, dass das so nicht geht! Puh, die Dame ist aber streng! Ich schlendre dabei ganz unauffällig und unschuldig durch die Ausstellung. Als ich den Übeltäter beim Mittagessen zufällig wieder treffe, lachen wir herzlich über die Begebenheit.


Entlang des Lot fahre ich weiter von Conques nach Estaing. Hier ist der Adelssitz der Familie Estaing (Giscard d`Estaing, ehemaliger Staatspräsident von Frankreich), ein malerisches mittelalterliches Städtchen. Eine gotische Brücke führt in schönen Bögen über den Fluss und über den Dächern der Stadt erhebt sich das Schloss derer von Estaing.


Etwas außerhalb von Espalion, nicht weit von Estaing entfernt, steht in einem stillen, alten Friedhof eine romanische Pilgerkirche aus dem 12. Jahrhundert. Der schöne Tympanon stellt die Szene von Pfingsten dar.
Das Kirchlein aus dem 11. Jahrhundert lag an einer der Pilgerrouten nach Santiago de Compostela, die von Le Puy-en-Velay nach Conques führte. Ich schlendere lange durch den angrenzenden Friedhof, aber ich finde keine Pilgergräber mehr, so wie das andernorts manchmal noch der Fall ist. Viele Pilger kehrten nicht mehr nach Hause zurück sondern fanden unter einem schlichten Steinkreuz ihr letzte Ruhestätte.




Ich bin die letzten Tage schon immer Richtung Westen gefahren, heute mache ich den großen “Transfer” ins Rhônetal nach Valence. Im TGV Bahnhof Valence TGV Rhône-Alpes Sud kann ich heute Abend meine Frau abholen. Sie hat noch einige Tage Resturlaub und sie kommt mit dem Zug aus Mulhouse.
Der auf der grünen Wiese errichtete TGV Bahnhof ist supermodern und erinnert ein bisschen an ein Terminal am Flughafen. Die einzige Parkmöglichkeit ist der gebührenpflichtige Parkplatz vor Ort. Mit 3,5 Tonnen Gesamtgewicht darf ich zwar Einfahren, aber nur bis 6 Meter Gesamtlänge. Unser Wohnmobil ist aber länger! Egal. Die Einfahrt ist breit genug, alles scheint ok. Bis ich später bei einem Rundgang bemerke, dass die Ausfahrt Doppelschranken hat. Die zweite Schranke öffnet sich erst dann, wenn die erste nach der Durchfahrt wieder geschlossen ist. Und dazwischen sind eben maximal 6 Meter! Ich male mir schon aus, wie die erste Schranke auf das Wohnmobildach kracht, oder ich zwischen den beiden Schranken festsitze. Im Terminal ist ein Schalter des Parkplatzbetreibers. Und der sehr hilfsbereite junge Mann versteht mein Problem und wir vereinbaren, dass wir nach Durchfahrt der ersten Schranke den Notrufknopf der Anlage betätigen, und er dann die zweite Schranke manuell öffnet. Klappt dann auch prima, aber die Aufregung ist groß.
Dass der Zug fast 2 Stunden Verspätung hat, sei nebenbei bemerkt. Und so suchen wir vor Ort einen Übernachtungsplatz und finden in Saint-Marcel-lès-Valence ein schönes Plätzchen, fußläufig zu einem schönen Restaurant!
Am anderen Morgen fahren wir das kurze Stück nach Valence. Wir müssen die Essensvorräte auffüllen, die leere Gasflasche muss durch eine volle ersetzt werden und alles das können wir im Supermarkt in der Peripherie von Valence erledigen. Beim anschließenden Bummel durch die Stadt erleben wir einen beachtlich großen Wochenmarkt rund um die Kathedrale von Valence.



Die Wetter- und die Coronavorhersagen sind für unser nächsten Reisegebiet, die Provence ideal. Noch ein kurzes Stück entlang im Rhônetal, und dann nach Osten in die Haute Provence, das sind unsere Pläne für die kommenden Tage. Parallel zur Rhône-Autobahn verläuft die N7. Es ist an diesem Samstag sehr viel Verkehr, die Franzosen haben Herbstferien.
Mirmande ist ein kleines hübsches Dörfchen (Les Plus Beaux Villages de France) eine gute Stunde Fahrtzeit nach Süden. Ein Nest, nahezu autofrei und herrlich verschlafen. Goldbraunes Laub raschelt zu Boden, die meisten Geschäfte und Lokale sind geschlossen, wir sind alleine unterwegs. Die Gassen klettern den Hang empor bis zur romanischen Kirche Sainte-Foy. Von hier oben haben wir einen herrlichen Ausblick ins Rhônetal und die gegenüberliegenden Berge der Ardèche.



Auf der Anreise in die Provence (östlich der Rhône) machen wir einen Abstecher in die Ausläufer der Ardèche (westlich der Rhône). Wir wollen hier einige kleine aber schmucke Dörfchen besuchen, alle mit dem Prädikat ” Les Plus Beaux Villages de France” geschmückt.,




Vogüé ist ein kleines Städtchen am Ufer der Ardèche. Wir müssen das Wohnmobil schon weit vor der Stadt abstellen, denn Parken ist in dem Örtchen verboten. Und es würde auch keinen Platz dafür geben, den der Ort schmiegt sich eng an die hohen Kalksteinfelsen und die kleinen Häuser und das imposante Schlösschen drängen sich dicht am Fuße der imposanten Klippen.




Nur ein paar Kilometer von Vogüé entfernt ist das Dörfchen Balazuc. Noch bedeutend steiler als in Vogüé sind die schmalen Gassen, Treppchen und Durchgänge.



Wir wollen uns in der südlichen Ardèche noch einige “Plus beaux villages de France”* anschauen. Und so beschließen wir spontan, den längeren, aber bedeutend interessanteren und schöneren Weg über die “Gorges de l’Ardèche”, die Schlucht im letzten Drittel des Flusses zu nehmen. Und es lohnt sich an einem herrlichen sonnigen Herbstmorgen.
* “Les plus beaux villages de France”, die schönsten Dörfer Frankreichs, ist eine kulturtouristische Auszeichnung in Frankreich. Die Vereinigung wurde 1982 ins Leben gerufen, um den Tourismus in kleinen ländlichen Kommunen mit reichem historischen Erbe zu fördern. Zur Qualitätssicherung hat sich die Vereinigung bei der Auswahl der Dörfer harte Kriterien auferlegt. Ein Ort, der in die Liste der schönsten Dörfer Frankreichs aufgenommen werden will, darf nicht mehr als 2000 Einwohner haben und muss über eine geschützte Zone oder denkmalgeschützte Bauwerke verfügen.
Wir haben schon sehr viele dieser besonderen Dörfer besucht. Die meisten sind interessant und schön, manche in unseren Augen aber auch eher gewöhnlich und langweilig. Wir befürchten, dass die strengen Kriterien im Lauf der Zeit doch etwas aufgeweicht wurden.

In Montclus wurden die Parkplätze um den Ort neu gestaltet. Viele Parkscheinautomaten, viel Platz – und keine einzige Parkmöglichkeit für Wohnmobile! Alles mit Höhenbegrenzungen verrammelt. Das ist sehr ärgerlich, weil wir nur den Ort besichtigen wollen und nicht hier campieren oder über Nacht bleiben. Wir nehmen wohlwollend an, dass wir bei der Parkplatz-Planung einfach vergessen wurden. Also stellen wir das Wohnmobil grenzwertig verkehrsgerecht am Straßenrand ab, denn das Städtchen wollen wir natürlich trotzdem anschauen.
Montclus ist bekannt für seine engen Gassen und seine mittelalterlichen Häuser die das Mittelalter noch zu atmen scheinen. Rund um den Ort mischen sich harmonisch Lavendelfelder und Weinreben. Wir können uns dem Charme dieses kleinen Dörfchens nicht entziehen.



Wir hatten eigentlich vor, in Goudargues den Stellplatz der Gruppe “Aire Camping-Car Park” aufzusuchen. Das sind in der Regel recht schöne Stellplätze, meist ehemalige Campingplätze, aber jetzt nur noch für Wohnmobile zugänglich. Zur Einfahrt benötigt man eine Parkkarte die einmalig gekauft werden muss. Wir fahren also vor die Schranke, die Karte wird erkannt, aber die Schranke bleibt geschlossen. Dem Hinweis “Bitte weiter vorfahren” können wir nicht befolgen, denn ich stehe 2 Zentimeter von der Schranke entfernt. Und sie bleibt zu! Einen Notrufknopf gibt es keinen, also bleibt uns nur zu wenden und weiterzufahren. In La Roque-sur-Cèze funktioniert dann alles, also an unserer Karte lag es jedenfalls nicht.
La Roque-sur-Cèze (Plus beaux villages de France), dieses mittelalterliche Dorf, ist hoch oben auf einem kalkigen felsigen Gipfel erbaut und thront über dem Fluss Cèze am unteren Ende der Schlucht Gorges-de-Cèze.
Die Schlossruinen, die romanische Kapelle, die mittelalterliche Brücke, die sich über den Fluss Cèze spannt, und die hübschen Gassen aus Pflasterstein, die sich den Hang hinabschlängeln und gesäumt sind von schönen Steinhäusern geben dem Dörfchen seinen Charme.
Nicht weit vom Dorf entfernt befinden sich die naturgeschützten Wasserfälle von Sautadet mit ihren eindrucksvollen Strudeltöpfen.


Nach Lussan, einem der “Schönsten Dörfer Frankreichs”, ist es von La Roque-sur-Cèze ein Katzensprung. Zwischen Lavendelfeldern und Obsthainen liegt der malerische Ort mit seinem weithin sichtbaren Schlösschen über der Ebene. Der Dörfchen hat noch eine vollständig erhaltene wuchtige Wehrmauer. Entlang der “Remparts” können wir einmal das gesamte kleine Zentrum mit seinem typischen südfranzösischen Dorfplatz umrunden.




Vorbei an Uzès und dem Pont du Gard fahren wir nach Châteauneuf-du-Pape, der weithin berühmten Weinbaulage der Provence. Wir sind von Châteauneuf-du-Pape etwas enttäuscht. Der große Name des Orts als Weinbaugebiet spiegelt sich leider nicht in der Attraktivität des Städtchens wieder. Auch der Übernachtungsplatz hoch oben neben dem Schloss ist Geschichte. Durchfahrtsverbot! Aber auf dem Parkplatz der örtlichen Kita neben dem Sportplatz ist reichlich Platz für uns.



Vaison-la-Romaine ist ein geschichtsträchtiger Ort. Bereits im Bronzezeitalter siedelten hier Menschen, noch bevor die Stadt zu Zeiten der Gallier und Römer ihre Blütezeit erlebte. Die Lage inmitten von sieben Hügeln an den Ausläufern des Mont Ventoux und die Tatsache, dass hier Antike, Mittelalter und Neuzeit an einem Ort erlebt werden können, machen Vaison-la-Romaine zu einem besonderen Reiseziel in der Provence. Einst trug die Stadt den Namen Vasio Vocontiorum. Heute ist Vaison-la-Romaine die größte archäologische Ausgrabungsstätte Frankreichs, wobei die meisten Spuren aus dem 1. und 2. Jahrhundert nach Christus stammen. Bisher wurde nur etwa ein Fünftel der römischen Stadt ausgegraben, während sich weitere Reste unter der „Neuen“ Stadt befinden.



Und dann gehts auf zum Berg der Berge der Provence. Dem legendären Mont-Ventoux. Bei strahlend blauem Himmel und nur mäßigem Wind erklimmen wir die 21 Kilometer mit 14% Steigung von Malaucène aus zum Gipfel. Nach einer guten halben Stunde sind wir oben angekommen und ergattern einen der erstaunlich wenigen Parkplätze. Wir wollen hier oben über Nacht bleiben um den Sonnenauf- und Sonnenuntergang und die Milchstraße zu fotografieren, aber der Wetterbericht sagt für Morgen Sturm voraus, und so bleiben wir nur bis zum Abend. Und wir erleben einen spektakulären Sonnenuntergang.
Bei der Rückfahrt ins Tal leuchtet plötzlich die Warnlampe “Bremsen” auf und die Meldung “Niedriger Bremsflüssigkeitstand” blinkt. Mist. Mit ungutem Gefühl fahren wir langsam und vorsichtig weiter, immer bereit, mit Hilfe des Getriebes und der Handbremse anzuhalten. Aber alles geht gut und wir prüfen den Flüssigkeitsstand der Bremsanlage im Tal. Eigentlich alles ok, halb voll! Bedingt durch die starke Schräglage des Fahrzeugs wurde die Warnmeldung wahrscheinlich ausgelöst. Nichts dramatisches, aber sehr beunruhigend!




In Carpentras fahren wir am nächsten Morgen in die PEUGEOT-Werkstatt, die uns bestätigt, dass die “Schieflage” des Wohnmobils bei der steilen Auffahrt zum Mont-Ventoux zur Fehlermeldung der Bremsen geführt hat. Alles Bestens!
Mitten im Herzen der Vaucluse gelegen liegt dieses schöne mittelalterliche Städtchen. Der Mittelpunkt des historischen Zentrums ist die Cathédrale Saint-Siffrein aus dem 15. Jahrhundert. Eine weitere klassifizierte Sehenswürdigkeit ist die Synagoge, die 1367 gegründet und die älteste noch aktive in Frankreich ist.
Die Stadt hat einen Entdeckungsweg angelegt, über den Spaziergänger die Stadt erkunden können. Es ist abwechslungsreich und schön an einem wunderbaren warmen Spätherbsttag durch das Städtchen zu bummeln. Und wir kaufen uns auch die leckeren Berlingots, Bonbons aus dem Sirup konfierter Früchte. Lecker!




Nach gut 6 Monaten “auf Tour” beginnt die Heimfahrt – die klassische Strecke die Rhône aufwärts, im Stau durch Lyon bis nach Beaune. Und dann durch das Burgund und das Jura bis nach Staufen im Breisgau.


