Périgord und Provence
Ein schönes Wochenende im französischen Jura geht zu Ende. Meine Frau, die leider noch arbeiten muss, fährt nach Hause. Ich habe das große Privileg, meine Reise in Richtung Périgord fortsetzen zu dürfen, aber leider allein. In zwei Wochen treffen wir uns wieder am TGV-Bahnhof von Valence, um gemeinsam den Rest unseres Urlaubs in der Provence zu verbringen.
Charroux ist ein kleines verschlafenes Nest in der Nähe von Vichy. Es gehört zu den “Plus Beaux Villages de France”, den schönsten Dörfern Frankreichs. Es ist schon später Nachmittag, als ich in Charroux ankomme. Leider ist der schöne Parkplatz im Ort inzwischen für Wohnmobile gesperrt. Schade, denn er lag wirklich perfekt in einem kleinen Park. Es ist nicht zu vermuten, dass wieder einmal die lieben Wohnmobilkollegen durch ihr dummes Verhalten dafür gesorgt haben, dass die Gemeinden die Übernachtungsmöglichkeiten einschränken. Aber hinter dem Friedhof, etwas außerhalb des Ortes, finde ich doch noch einen ruhigen Schlafplatz. In der Abendsonne schlendere ich noch ein wenig durch den Ort. Eine zauberhafte Lichtstimmung liegt über dem Städtchen und lässt es besonders reizvoll und romantisch erscheinen.
Heute Nacht war es sehr kalt. Das Thermometer zeigt gerade mal 2 Grad Celsius an. In der Morgendämmerung (um 5 Uhr!) schaue ich aus dem Fenster: Die Landschaft liegt bei Sonnenaufgang in einem wunderbaren mystischen Licht. Wunderschön. Und herrlich für Fotografen!
Von Charroux aus ist es eine gute Stunde Fahrt bis zum Puy de Dôme, dem höchsten Vulkangipfel der Auvergne. Um 9 Uhr fährt die erste Zahnradbahn hinauf. Was ich nicht einkalkuliert habe, ist, dass ich mich durch den Berufsverkehr von Clermont-Ferrand quälen muss. Es ist fast 10 Uhr, als ich an der Talstation der Zahnradbahn ankomme.
Der Fahrkartenkauf ist schnell erledigt und die Fahrt zum Gipfel dauert keine 20 Minuten. Ich bin froh, dass ich zwei Pullover und eine dicke Jacke angezogen habe, denn hier oben ist es nicht nur “saukalt”, sondern es bläst mir auch ein eisiger Wind um die Ohren. Aber es ist wunderschön! Unter mir der Morgennebel, über mir strahlender Sonnenschein. Ganz oben auf der Wetterstation bläst der Wind so stark, dass er mich fast aus dem Gleichgewicht bringt. Fotografieren ist fast unmöglich. Und nach einer ¾ Stunde Aufenthalt bin ich froh, wieder in die warme und windgeschützte Zahnradbahn einsteigen zu können.
Der Puy de Dôme liegt etwa 15 km von Clermont-Ferrand entfernt im Herzen des französischen Zentralmassivs. Mit einer Höhe von 1465 m ist er der höchste Vulkan des Massivs. Auf dem Gipfel befinden sich eine Wetterstation und ein Informationszentrum zur Vulkanologie. Außerdem kann man die Überreste eines gallorömischen Merkurtempels bewundern.
Hinter Tulle verlasse ich die Autobahn und fahre auf schmalen, von Nussbäumen gesäumten Sträßchen ins „Périgord Vert“ nach Brantôme. Dieses Städtchen ist einer meiner Lieblingsorte in Frankreich!
Vor fast 40 Jahren war ich zum ersten Mal hier, und ich möchte immer wieder zurückkommen. Es gibt sicher keinen Ort in Brantôme, an dem ich nicht schon im Wohnmobil übernachtet habe. Damals war das alles noch möglich! Heute hat der Ort einen perfekten Stellplatz in einem schönen Park mit herrlichen alten Bäumen.
Es gefällt mir wieder so gut, dass ich gleich ein paar Tage hier bleibe. Ich fühle mich wie zu Hause! Die Damen in der Bar “Chez Domi” kennen mich inzwischen, wissen, was ich immer bestelle, und für ein “Schwätzchen” reicht mein Französisch allemal. Das “Chez Domi” ist übrigens ein Restaurant!
Wer an einem Freitag hier ist, kann einen der ursprünglichsten Wochenmärkte des Périgord erleben. Und so manche frische Wildschweinwurst kann man direkt beim Verkäufer am Stand probieren.
Etwas wehmütig verlasse ich Brantôme nach ein paar schönen Herbsttagen, freue mich aber schon auf die schöne Gegend im Tal der Dordogne. Nach einem kurzen Stopp in Périgueux (schöner Wochenmarkt am Mittwoch) fahre ich auf kurvigen Nebenstraßen durch eine herrliche Herbstlandschaft nach Bergerac.
Und von Bergerac bin ich etwas enttäuscht. Die Altstadt ist klein und überschaubar, der Rest ist französische Kleinstadt. Auffällig ist aber, dass es überdurchschnittlich viele gute Restaurants gibt, sogar zwei (!) mit Michelin-Sternen dekorierte. Die gönne ich mir zwar nicht, werde aber trotzdem kulinarisch verwöhnt!
Von Limeuil (Les Plus Beaux Villages de France) kannte ich bisher nur den direkt an der Dordogne gelegenen Teil am Zusammenfluss von Dordogne und Vézère. Heute mache ich mich zum ersten Mal auf den Weg in die Oberstadt. Es geht steil bergauf, sehr steil! Die Stadtmauer ist gut erhalten und durch eines der drei Eingangstore gelange ich ins Zentrum des mittelalterlichen Städtchens.
Am Rande der mittelalterlichen Altstadt von Sarlat-la-Canéda finde ich schnell einen Parkplatz und der Stadtbummel kann beginnen. Die hübsche mittelalterliche Altstadt lädt zum Bummeln ein. Und wer an einem Samstag kommt, kann einen der schönsten und größten Wochenmärkte der Region erleben.
Ich will zu meinem Lieblingsübernachtungsplatz zwischen Sarlat und La Roque-Gageac. Unterwegs noch schnell eine frische Gasflasche kaufen und dann am Ufer der Dordogne in der Herbstsonne sitzen. Doch daraus wird leider nichts, denn der kleine Campingplatz hat bereits geschlossen. Der Stellplatz in La Roque-Gageac ist mir zu voll, alle stehen dicht an dicht und so mache ich nur einen kleinen Bummel durch den Ort und fahre dann zurück nach Limeuil auf meinen abgelegenen Übernachtungsplatz. Und bin wieder mutterseelenallein wie gestern!
In Limeuil erwartet mich ein fantastischer Sonnenuntergang. Und am nächsten Morgen erlebe ich einen spektakulären Sonnenaufgang. Was will das Fotografenherz mehr!
Wie Brantôme ist auch Rocamadour ein Ort, den ich schon oft besucht habe. Und ich freue mich, heute wieder dorthin zu fahren. Von Limeuil aus ist es zwar nicht weit, aber auf den wirklich schmalen und kleinen Straßen (breite Straßen gibt es hier nicht) bin ich doch fast zwei Stunden unterwegs.
Leider ist der kleine Campingplatz im Ort schon seit Mitte Oktober geschlossen. So muss ich mich mit dem offiziellen Wohnmobilstellplatz begnügen. Der ist neu angelegt, eigentlich ganz ansprechend, aber leider ohne jegliche Infrastruktur. Und einfach viel zu teuer. Dafür stehe ich direkt hinter der Burg und vor dem Schrägaufzug, der in das unten im Tal liegende Städtchen und die Klosteranlage (UNESCO-Weltkulturerbe) führt.
Aber ich gehe zu Fuß den langen alten Jakobsweg entlang, der steil von l’Hospitalet nach Rocamadour hinunterführt. In l’Hospitalet wurde zur Blütezeit des Jakobsweges ein Hospital für kranke Pilger errichtet. Leider sind von diesem Gebäude nur noch die Grundmauern erhalten.
Von der gegenüberliegenden Talseite kann man die ungewöhnliche Bauweise von Rocamadour bewundern. Unten im Tal der Bach, darüber die Häuser des mittelalterlichen Dorfes, dann die Kirche und darüber sogar noch ein Schloss. Alles senkrecht nach oben. Fantastisch!
Eine große Treppe, die „Grand Escalier“, führt vom Dorf hinauf zur Kirche. Und das ist ganz schön anstrengend, denn die Stufen führen sehr steil nach oben. Und es sind viele Stufen!
Ich bleibe ein paar Tage in Rocamadour. Ich genieße es, dass außer mir nur wenige Besucher da sind und freue mich über das herrliche Herbstwetter.
Das bekannteste Bauwerk von Cahors ist die im 14. Jahrhundert erbaute Brücke über den Lot (heute UNESCO-Weltkulturerbe). Nirgendwo sonst gibt es eine Brücke mit drei Brückentürmen.
Das zweite bedeutende Bauwerk von Cahors ist die majestätische Kathedrale Saint-Etienne. Sie besitzt zwei Kuppeln und ein schönes romanisches Portal mit einem prächtigen Tympanon.
Am Lot entlang fahre ich nach Saint-Cirq-Lapopie. Der kleine Ort (Les Plus Beaux Villages de France) liegt hoch über dem Tal des Lot. Zuerst auf einem Feldweg, dann auf einem Wanderweg und schließlich auf einem sehr steilen, schmalen Geröllpfad steige ich von meinem Übernachtungsplatz hinauf in den Ort. Oben angekommen falle ich erschöpft in den Stuhl des einzigen geöffneten Cafés. Doch der Blick ins Tal entschädigt für die Strapazen.
Als ich am nächsten Morgen in aller Frühe in Saint-Cirq-Lapopie zur Weiterfahrt aufbreche, liegt Nebel über dem Lot. Eine mystische Stimmung liegt über dem Tal. Magnifique!
Dafür ereilt mich in Figeac der Parkplatzwahnsinn. Ich war schon oft hier, und immer (!) habe ich stundenlang, manchmal vergeblich nach einem Parkplatz gesucht. Und heute habe ich ja richtig Glück, schon nach 20 Minuten den Motor abstellen zu können. Dass ich davon 10 Minuten gebraucht habe, um rückwärts aus einem dann doch voll besetzten Sackgassen-Parkplatz wieder rauszukommen sei nur am Rande erwähnt.
Figeac ist ein typisch französisches Städtchen mit mittelalterlichem Charakter. Die malerischen Gassen mit den schönen Patrizierhäusern laden zum Bummeln ein, in der alten Markthalle hat sich die Gastronomie niedergelassen. Seit Tagen habe ich keine ausländischen Touristen mehr gesehen, alles ist Frankreich “pur”. Die “Plat du jour” ist preiswert und ehrlich, nur der Café Gourmand kostet extra!
Herausragend in Conques ist die romanische Abteikirche mit dem bewundernswerten Tympanon des Jüngsten Gerichts. Der Ort mit der bedeutenden Wallfahrtskirche liegt “mitten im Nirgendwo”, stundenlang fahre ich auf einspurigen Sträßchen dorthin.
Und es ist schön, wieder hier zu sein. Und der Mythos des Jakobsweges nach Santiago de Compostela überkommt mich hier wieder. Vielleicht nächstes Jahr!
In der Blütezeit der Pilgerreisen nach Santiago de Compostela lag Conques am ältesten Abschnitt des Jakobsweges in Frankreich. Auf dem Kirchplatz treffe ich einen Stuttgarter, der seit zwei Monaten zu Fuß auf dem Jakobsweg unterwegs ist und noch eine sehr lange Reise vor sich hat.
Auf dem Vorplatz der Kirche erklärt ein Pater mit vollem Körpereinsatz einer Gruppe Jugendlicher die Bedeutung des Tympanons. Er tut dies mit so viel Hingabe und Engagement, dass alle “andächtig” zuhören. Ich bewundere die große Disziplin dieser Schulklasse!
“Zu Bedeutung gelangte das Kloster Conques 880, als die Reliquien der Hl. Fides (Sainte-Foy) hierher gebracht wurden. Sie starb im 3. Jahrhundert im Alter von 12 Jahren den Märtyrertod. Ihre Überreste wurden zunächst im Kloster von Agen aufbewahrt. Da ein Kloster zu jener Zeit ohne Reliquien keine Chance hatte zu Ruhm und zu Bedeutung zu gelangen und Conques keine besaß, ließ sich einer seiner Mönche in Agen als Bruder aufnehmen, wo er es nach 10 Jahren schaffte, zum Wächter der Reliquien ernannt zu werden. Während die Mönche von Agen dann eines Tages im Refektorium saßen, schnappte sich Bruder Arosnidus die Knochen der Hl. Fides und brachte sie nach Conques. Offenbar war dieser Diebstahl damals eine lässliche Sünde, denn die Figur des pfiffigen Mönchleins befindet sich im Tympanon der Kirche auf der Seite der Auserwählten”. (Quelle: Hans-Jörg Sinn, Jakobsweg, Via Verlag)
Zum Kloster gehört auch ein Museum mit mittelalterlichem Goldschmuck. Unter anderem die Reliquienstatue der Sainte-Foy. Aus purem Gold und mit großen Edelsteinen besetzt. Grandios!
Fotografieren ist hier strengstens verboten! Ich kann aber nicht anders – ich muss von der Reliquienstatue der Sainte-Foy unbedingt ein Foto machen. Also heimlich die Kamera vor den Bauch, durch das Display fixiert … Klick, schon ist das Bild “im Kasten”. Als ein anderer Museumsbesucher bemerkt, dass ich fotografiere, traut er sich auch, wird von der Aufsicht dabei erwischt und er wird sehr energisch darauf hingewiesen, dass das so nicht geht! Puh, die Dame ist aber streng! Ich schlendre dabei ganz unauffällig und unschuldig durch die Ausstellung. Als ich den Übeltäter beim Mittagessen zufällig wieder treffe, lachen wir herzlich über den Vorfall.
Am Lot entlang fahre ich von Conques nach Estaing. Hier ist der Adelssitz der Familie Estaing (Giscard d’Estaing, ehemaliger Präsident Frankreichs), ein malerisches Städtchen. Eine gotische Brücke überspannt den Fluss. Und am anderen Ufer erhebt sich das Schloss derer von Estaing.
Etwas außerhalb von Espalion, unweit von Estaing, steht in einem stillen alten Friedhof eine romanische Wallfahrtskirche aus dem 12. Jahrhundert. Das schöne Tympanon stellt die Pfingstszene dar.
Die kleine Kirche aus dem 11. Jahrhundert lag an einem der Pilgerwege nach Santiago de Compostela, der von Le Puy-en-Velay nach Conques führte. Ich schlendere lange über den angrenzenden Friedhof, finde aber keine Pilgergräber mehr, wie es andernorts manchmal noch der Fall ist.
In den letzten Tagen bin ich immer Richtung Westen gefahren, heute mache ich den großen “Transfer” ins Rhonetal nach Valence. Am TGV-Bahnhof Valence TGV Rhône-Alpes Sud kann ich heute Abend meine Frau abholen. Sie hat noch ein paar Tage Urlaub und kommt mit dem Zug aus Mulhouse.
Der auf der grünen Wiese errichtete TGV Bahnhof ist supermodern und erinnert ein bisschen an ein Terminal am Flughafen. Die einzige Parkmöglichkeit ist der gebührenpflichtige Parkplatz vor Ort. Mit 3,5 Tonnen Gesamtgewicht darf ich zwar Einfahren, aber nur bis 6 Meter Gesamtlänge. Unser Wohnmobil ist aber länger! Egal. Die Einfahrt ist breit genug, alles scheint in Ordnung. Bis ich später bei einem Rundgang feststelle, dass die Ausfahrt eine Doppelschranke hat. Die zweite Schranke öffnet sich erst, wenn die erste nach der Durchfahrt wieder geschlossen ist. Und dazwischen sind maximal 6 Meter! Ich stelle mir schon vor, wie die erste Schranke auf das Dach des Wohnmobils kracht oder ich zwischen den beiden Schranken eingeklemmt werde. Im Terminal gibt es einen Schalter des Parkplatzbetreibers. Und der sehr hilfsbereite junge Mann versteht mein Problem und wir vereinbaren, dass wir nach dem Passieren der ersten Schranke den Notrufknopf der Anlage drücken und er dann die zweite Schranke manuell öffnet. Das klappt auch, aber die Aufregung ist groß.
Dass der Zug fast zwei Stunden Verspätung hat, sei nur am Rande erwähnt. Und so suchen wir vor Ort eine Übernachtungsmöglichkeit und finden in Saint-Marcel-lès-Valence ein schönes Plätzchen, fußläufig zu einem netten Restaurant!
Am nächsten Morgen fahren wir das kurze Stück nach Valence. Wir müssen unsere Lebensmittelvorräte auffüllen, die leere Gasflasche muss durch eine volle ersetzt werden und all das können wir im Supermarkt am Stadtrand von Valence erledigen. Beim anschließenden Stadtbummel erleben wir einen beachtlich großen Wochenmarkt rund um die Kathedrale von Valence.
Die Wetter- und Coronavorhersage ist ideal für unser nächstes Reisegebiet, die Provence. Noch ein kurzes Stück entlang des Rhônetals und dann nach Osten in die Haute Provence, das sind unsere Pläne für die nächsten Tage. Parallel zur Rhône-Autobahn verläuft die N7. Es ist viel Verkehr an diesem Samstag, die Franzosen haben Herbstferien.
Mirmande ist ein kleines hübsches Dorf (Les Plus Beaux Villages de France), eine gute Autostunde südlich gelegen. Der Ortskern ist autofrei, vielleicht wirkt der Ort auch deshalb etwas verschlafen. Ganz oben steht die romanische Kirche Sainte-Foy, und von dem kleinen Plateau rund um die Kirche hat man einen herrlichen Blick ins Rhônetal und auf die gegenüberliegenden Berge der Ardèche.
Auf dem Weg in die Provence (östlich der Rhône) machen wir einen Abstecher in die Ausläufer der Ardèche (westlich der Rhône). Hier wollen wir einige kleine, aber hübsche Dörfer besuchen, die alle mit dem Prädikat “Les Plus Beaux Villages de France” ausgezeichnet sind.
Vogüé ist ein kleines Stadtchen am Ufer der Ardèche. Wir müssen das Wohnmobil schon weit vor der Stadt abstellen, denn Parken ist im Ort verboten. Es gäbe auch keinen Platz, denn der Ort schmiegt sich eng an die hohen Kalksteinfelsen. Die schmalen Häuser und das imposante Schlösschen drängen sich dicht an den Fuß der mächtigen Klippen.
Nur wenige Kilometer von Vogüé entfernt liegt der Ort Balazuc. Die engen Gassen, Treppen und Durchgänge sind noch steiler als in Vogüé.
Im Süden der Ardèche wollen wir noch einige der “Schönsten Dörfer Frankreichs” besuchen. Und so entscheiden wir uns spontan für den längeren, aber viel interessanteren und schöneren Weg durch die “Gorges de l’Ardèche”, die Schlucht im letzten Drittel des Flusses. Und es lohnt sich an einem herrlichen sonnigen Herbstmorgen.
Wir haben schon viele dieser “Schönsten Dörfer Frankreichs” besucht. Die meisten sind interessant und sehenswert, aber einige sind in unseren Augen auch eher gewöhnlich und langweilig. Wir befürchten, dass die strengen Kriterien der Klassifizierung “Les Plus Beaux Villages de France” im Laufe der Zeit etwas aufgeweicht wurden.
In Montclus wurden die Parkplätze rund um den Ort neu gestaltet. Viele Parkscheinautomaten, viel Platz – und keine einzige Parkmöglichkeit für Wohnmobile! Alles verbarrikadiert mit Höhenbegrenzung. Das ist sehr ärgerlich, denn wir wollen nur den Ort besichtigen und nicht hier campieren oder übernachten. Wir nehmen wohlwollend an, dass man uns bei der Parkplatzplanung einfach vergessen hat. Also stellen wir das Wohnmobil verkehrsgerecht am Straßenrand ab, denn das Städtchen wollen wir uns natürlich trotzdem anschauen.
Enge Gassen und mittelalterliche Häuser prägen das Bild von Montclus. Der Ort liegt inmitten von Lavendelfeldern und Weinbergen. Das Dörfchen gefällt uns außerordentlich gut.
Eigentlich wollten wir in Goudargues den Stellplatz der Gruppe “Aire Camping-Car Park” aufsuchen. Das sind in der Regel recht schöne Stellplätze, meist ehemalige Campingplätze, die jetzt aber nur noch für Wohnmobile zugänglich sind. Für die Einfahrt benötigt man eine Parkkarte, die einmalig gekauft werden muss. Wir fahren also vor die Schranke, die Karte wird erkannt, aber die Schranke bleibt geschlossen. Den Hinweis “Bitte weiterfahren” können wir nicht befolgen, denn ich stehe 2 Zentimeter vor der Schranke. Und sie bleibt zu! Einen Notrufknopf gibt es nicht, also bleibt uns nichts anderes übrig, als umzudrehen und weiterzufahren. In La Roque-sur-Cèze klappt dann alles, an unserer Karte lag es jedenfalls nicht.
Das mittelalterliche Dorf La Roque-sur-Cèze (Plus beaux villages de France) thront über dem Fluss Cèze auf einem Felsvorsprung am Ende der Gorges-de-Cèze. Unweit des Dorfes befinden sich flussabwärts die Wasserfälle von Sautadet.
Von La Roque-sur-Cèze aus ist es nur ein Katzensprung nach Lussan, einem der “schönsten Dörfer Frankreichs”. Das kleine Dorf mit seiner imposanten Stadtmauer liegt inmitten von Lavendelfeldern und Obstgärten. Auf der Wehrmauer kann man den kleinen Ortskern einmal komplett umrunden.
Vorbei an Uzès und dem Pont du Gard fahren wir nach Châteauneuf-du-Pape, dem berühmten Weinort der Provence. Von Châteauneuf-du-Pape sind wir etwas enttäuscht. Der große Name des Ortes als Weinanbaugebiet spiegelt sich leider nicht in der Attraktivität des Städtchens wider. Auch der Übernachtungsplatz hoch oben neben dem Schloss ist Geschichte. Durchfahrt verboten! Aber auf dem Parkplatz des örtlichen Kindergartens neben dem Sportplatz ist reichlich Platz für uns.
Der ehemals römische Ort Vaison-la-Romaine ist geschichtsträchtig. Bevor die Gallier und Römer den Ort besiedelten, lebten hier bereits im Bronzezeitalter die ersten Menschen. Eine der größten römischen Ausgrabungsstätten ist in Vaison-la-Romaine, dem ehemaligen “Vasio Vocontiorum” zu besichtigen.
Und dann auf zum Berg der Berge der Provence. Der legendäre Mont-Ventoux. Bei strahlend blauem Himmel und nur mäßigem Wind fahren wir die 21 Kilometer mit 14% Steigung von Malaucène bis zum Gipfel. Nach einer guten halben Stunde sind wir oben und ergattern einen der erstaunlich wenigen Parkplätze. Eigentlich wollen wir die Nacht hier oben verbringen, um Sonnenauf- und -untergang sowie die Milchstraße zu fotografieren, aber der Wetterbericht sagt für morgen Sturm voraus, und so bleiben wir nur bis zum Abend. Und wir erleben einen spektakulären Sonnenuntergang.
Auf der Rückfahrt ins Tal leuchtet plötzlich die Warnlampe “Bremsen” auf und die Meldung “Bremsflüssigkeitsstand niedrig” blinkt. Mist. Mit einem mulmigen Gefühl fahren wir langsam und vorsichtig weiter, immer bereit, mit Hilfe des Getriebes und der Handbremse anzuhalten. Aber alles geht gut und im Tal überprüfen wir den Flüssigkeitsstand der Bremsanlage. Eigentlich alles ok, fast voll! Durch die starke Schräglage des Fahrzeuges wurde wohl die Warnmeldung ausgelöst. Nichts Dramatisches, aber sehr beunruhigend!
In Carpentras suchen wir am nächsten Morgen die Peugeot-Werkstatt auf, die uns bestätigt, dass die “Schräglage” des Wohnmobils bei der steilen Auffahrt zum Mont-Ventoux zu der Fehlermeldung an den Bremsen geführt hat. Alles Bestens!
Carpentras liegt Mitten im Herzen der Vaucluse. Ein schönes mittelalterliche Städtchen. Die Cathédrale Saint-Siffrein aus dem 15. Jahrhundert liegt mitten im historischen Zentrum. Und es gibt sogar noch eine Synagoge aus dem Jahr 1367. Sie ist die älteste aktive Synagoge von Frankreich.
Es ist abwechslungsreich und schön, an einem herrlich warmen Spätherbsttag durch die Stadt zu schlendern. Und wir vergessen nicht, uns Berlingots zu kaufen. Leckere Bonbons aus Früchtesirup.
Nach gut sechs Wochen “auf Tour” beginnt die Rückfahrt – die klassische Strecke die Rhône aufwärts, im Stau durch Lyon bis nach Beaune. Und dann durch das Burgund und dem Jura nach Hause.