Rückblick 2021
Meinen Jahresrückblick 2020 begann ich mit “… das Ausmaß der sich abzeichnenden weltweiten Covid-19-Pandemie konnte noch niemand vorhersehen”. Dass meine Reisen auch im Jahr 2021 noch stark von der Covid-19-Pandemie dominiert sein würden, war hingegen bereits Anfang 2021 absehbar.
Unsere geplante Reise über Weihnachten und Neujahr an die Côte d’Azur fiel wegen des Virus schon mal ins Wasser!
Erst Ende April konnten wir zum ersten Mal im Wohnmobil übernachten. Auf dem Parkplatz des örtlichen Sportplatzes, denn touristische Reisen waren zu dieser Zeit noch nicht erlaubt.
Und hier gab es die erste böse Überraschung: Auf dem Boden war eine Wasserlache, die Heizung funktionierte nicht und schnell war klar, dass das Wasser aus der Heizung kam. Wir konnten das Leck zwar lokalisieren und reparieren (der Überlaufschlauch am Eckventil der TRUMA war abgegangen), aber die Heizung funktionierte immer noch nicht. Also ab zum örtlichen Wohnmobilhändler. Von dort die Hiobsbotschaft: Heizung defekt, Frostschaden, Reparatur lohnt sich nicht, Totalschaden. Angeblich war ein defektes Frostschutzventil die Ursache für den Frostschaden.
So wurde für einen deutlich vierstelligen Eurobetrag eine neue Heizung eingebaut und die erste Nacht in diesem Jahr im Wohnmobil (wieder am Sportplatz) konnte stattfinden.
Endlich wieder das einzigartige Gefühl erleben, im Wohnmobil zu sein! Und so verbrachten wir so manches Wochenende auf dem Sportplatz. Übrigens in guter Gesellschaft einiger anderer Reisemobilisten, die das Reisen genauso vermissten wie wir.
Die erste “Ausfahrt” fand dann erst Mitte Mai zu Pfingsten in den Schwarzwald statt, verbunden mit einem Covid-Schnelltest, um überhaupt auf dem Stellplatz stehen zu dürfen.
Ende Mai starteten wir dann die erste Tour. Entlang des Mains ging es von der Mündung in den Rhein bei Mainz bis zum Zusammenfluss von Rotem und Weißem Main bei Kulmbach.
Wir beginnen unsere Reise aus strategischen Gründen an der Mündung und nicht an der Quelle des Mains, denn ich werde gleich im Anschluss meine Reise entlang der Deutschen Ferienstraße am Königsee in Bayern beginnen. Meine Frau hat ein paar Tage Urlaub und so können wir den Reiseabschnitt entlang des Mains gemeinsam genießen. Wir haben es schon immer vorgezogen, Flüsse von der Mündung bis zur Quelle zu bereisen, da die Landschaft zur Quelle hin erfahrungsgemäß meist schöner und interessanter wird.
Nach gut zwei Wochen Fahrt am Main setze ich meine Frau in Nürnberg am Zug ab, denn sie muss leider wieder nach Hause zur Arbeit, während ich mich alleine auf den Weg nach Berchtesgaden mache, um mir einen lang gehegten Traum zu erfüllen: Die Fahrt entlang der Deutschen Ferienstraße, der “Deutschen Route 66”!
Schon oft habe ich von dieser fast vergessenen Ferienstraße gehört. Und immer wieder hat sie mich fasziniert. In den 60er Jahren wurde sie eröffnet. Und irgendwann ist sie wieder verschwunden. Entweder, weil man auf der Autobahn schneller von Nord nach Süd oder umgekehrt fahren kann, oder weil sie in immer kleinere Abschnitte zerstückelt wurde (Deutsche Mühlenstraße, Deutsche Burgenstraße, Deutsche Fachwerkstraße und, und, und).
Wochenlang habe ich nach der Originalroute gesucht. Es soll auch einen gedruckten Führer gegeben haben. Aber der ist nicht einmal mehr antiquarisch erhältlich. Aber in einem Internetshop, der alte Bücher aus aufgelösten Bibliotheken verkauft, habe ich einen Bildband aus einem alten Archiv entdeckt, in dem die Route gut zu erkennen ist. Ein schwerer Bildband mit vergilbten Seiten und schönen Schwarzweißfotos. Und so staubig, dass ich nach jedem Umblättern schwarze Finger bekomme!
Vom Chiemgau durch das Inn-, Altmühl- und Neckartal in den Odenwald. Und von dort durch den Spessart, den Harz, die Lüneburger Heide bis zur Ostsee. Die Route führt um die damalige DDR herum. Da die Route von den Alpen ans Meer führt, endet sie auch nicht in Flensburg, sondern in Puttgarden.
Mitte Juni starte ich meine “Route 66” in Bayern am Königsee und fahre durch Bayern, Baden-Württemberg und Hessen bis nach Bad Orb. Und besuche so schöne Städte und Städtchen wie Ramsau, Wasserburg am Inn, Landshut oder die Befreiungshalle bei Kelheim an der Donau, Dinkelsbühl und Schwäbisch Hall. Und bestaune die herrliche Natur am Chiemsee oder den Donaudurchbruch beim Kloster Weltenburg. Und vieles, vieles mehr!
Ende Juni bin ich etwa bei der Hälfte der 1748 Kilometer langen Tour angekommen. Meine Frau hat drei Wochen Urlaub und wir wollen endlich mal wieder durch unser geliebtes Frankreich fahren. Aber Mitte September geht es weiter auf der “Route 66” über Fulda, Alsfeld, Bad Sooden, Goslar und Lüneburg nach Puttgarden auf Fehmarn. Auch auf diesen Streckenabschnitten gibt es wunderschöne Landschaften wie den Harz oder die Lüneburger Heide und natürlich Fehmarn zu bestaunen.
Die Fahrt entlang der ehemaligen “Ferienstraße Alpen-Ostsee” war wunderschön. Es ist beeindruckend, wie vielfältig und sehenswert Deutschland sein kann. Am Ende dieser Reise treffe ich meine Frau in Hamburg (sie kommt mit dem Nachtzug aus Freiburg) und wir fahren gemeinsam gemütlich nach Hause.
Anfang Juli starten wir unsere Tour entlang der Küste von Normandie und Bretagne in Dieppe. Eigentlich schon in Reims, denn dort treffe ich meine Frau, die mit dem TGV von Freiburg zum Fernbahnhof Champagne-Ardenne TGV außerhalb von Reims kommt. Ich habe meine Reise auf der „Deutschen Route 66“ unterbrochen und bin gemütlich durch das Lahn- und Moseltal nach Trier und von dort nach Reims gefahren. Die damalige Corona-Situation erlaubte das Reisen von und nach Frankreich ohne größere Einschränkungen.
Und ich war froh, wieder zusammen mit meiner Frau reisen zu können!
Die Normandie ist wunderschön. Mehr oder weniger immer an der Küste entlang ging es Richtung Westen, vorbei an herrlichen Stränden und bizarren Felsformationen bis zum Mont-Saint-Michel.
Die Bretagne ist die größte Halbinsel Frankreichs und liegt im äußersten Westen des Landes. Raues Meer, steile Küsten und sanfte Landschaften im Hinterland prägen die Bretagne. In den berühmten Comics von Asterix und Obelix ist die Bretagne der aufmüpfige letzte Winkel Galliens, der sich den Römern nicht unterwerfen will – und ein wenig davon ist auch in der Realität zu spüren: Überall weht die schwarz-weiße bretonische Flagge und mit Stolz werden die bretonische Kultur und Sprache gepflegt.
Ende Juli bringe ich meine Frau zum TGV-Bahnhof in Nantes und sie fährt damit über Straßburg (das dauert keine drei Stunden) und Freiburg nach Hause. Ich fahre auch nach Hause, aber langsam und gemütlich an der Loire entlang. Und ich genieße die Hochkultur der unzähligen Schlösser entlang des beeindruckenden Flusses. Der Besuch der Schlösser ist nur unter 2G Corona Bedingungen erlaubt und so habe ich an manchen Tagen die Räumlichkeiten und Parks fast für mich allein. Und bin wieder einmal tief beeindruckt von der Pracht.
Mitte August bin ich wieder zu Hause. Und ich freue mich schon auf die nächste Reise, diesmal wieder mit meiner Frau zusammen, entlang der Donau von der Quelle bis nach Passau.
Anlass für diese Tour ist eine Familienfeier in Regensburg (meine Frau stammt von dort) und so können wir alles miteinander verbinden. Ganz so angenehm wird die Tour dann aber doch nicht, denn wegen einer Augenentzündung muss ich unterwegs 3 verschiedene Augenärzte aufsuchen (also Facharztbesuche ohne Termin!).
Die Donau ist der zweitlängste Strom Europas. Auf ihrer mehr als 2.800 Kilometer langen Reise durchfließt sie zehn Länder – mehr als jeder andere Fluss weltweit. Und wir können uns gut vorstellen, ihm einmal bis zur Mündung ins Schwarze Meer zu folgen.
Mitte Oktober breche ich, zunächst allein, zu meiner letzten Tour in diesem Jahr auf. Über Beaune und Clermont-Ferrand fahre ich ins Périgord und in die Provence. Unterwegs erlebe ich einen wunderschönen Sonnenaufgang auf dem Puy de Dôme. Im Périgord besuche ich vor allem mir bekannte Städtchen und Dörfer. Vor allem in Brantôme fühle ich mich wie zu Hause. Und in Sarlat und Périgueux erlebe ich die wohl schönsten und interessantesten Wochenmärkte der Region. Und mit Rocamadour und Conques zwei der schönsten Orte entlang der französischen Jakobswege.
Am TGV-Bahnhof Valence TGV Rhône-Alpes Sud kann ich meine Frau abholen. Sie hat noch ein paar Tage Urlaub und kommt mit dem Zug aus Mulhouse.
Der auf der grünen Wiese errichtete TGV-Bahnhof ist hochmodern und erinnert ein wenig an ein Flughafenterminal. Die einzige Parkmöglichkeit ist der gebührenpflichtige Parkplatz. Mit 3,5 Tonnen Gesamtgewicht darf ich zwar rein, aber nur bis 6 Meter Gesamtlänge. Unser Wohnmobil ist aber länger! Egal. Die Einfahrt ist breit genug, alles scheint in Ordnung. Bis ich später bei einem Rundgang feststelle, dass die Ausfahrt eine Doppelschranke hat. Die zweite Schranke öffnet sich erst, wenn die erste nach der Durchfahrt wieder geschlossen ist. Und dazwischen sind maximal 6 Meter! Ich stelle mir schon vor, wie die erste Schranke auf das Dach des Wohnmobils kracht oder ich zwischen den beiden Schranken eingeklemmt werde. Im Terminal gibt es einen Schalter des Parkplatzbetreibers. Und der sehr hilfsbereite junge Mann versteht mein Problem und wir vereinbaren, dass wir nach dem Passieren der ersten Schranke den Notrufknopf der Anlage drücken und er dann die zweite Schranke manuell öffnet. Das klappt auch, aber die Aufregung ist groß.
Wir besuchen gemeinsam einige der schönsten Dörfer Frankreichs (Les Plus Beaux Villages de France), aber der Höhepunkt wird die Fahrt zum und auf den Mont Ventoux, den Berg der Berge der Provence, sein. Bei strahlend blauem Himmel und nur mäßigem Wind fahren wir von Malaucène die 21 Kilometer mit 14% Steigung hinauf zum Gipfel. Nach einer guten halben Stunde sind wir oben und ergattern einen der erstaunlich wenigen Parkplätze. Eigentlich wollen wir hier übernachten, um Sonnenauf- und -untergang sowie die Milchstraße zu fotografieren, aber der Wetterbericht sagt für morgen Sturm voraus, und so bleiben wir nur bis zum Abend. Und wir erleben einen spektakulären Sonnenuntergang.
Anfang November kehren wir gesund (!) nach Hause zurück. Die Corona-Werte in Frankreich steigen stetig, so dass uns der Abschied nicht ganz so schwer fällt. Und wir freuen uns auf den Frühling und hoffentlich wieder bessere Reisebedingungen.
An dieser Stelle ein herzliches “Dankeschön” an meine Frau, die mir die Freiheit gibt, auch alleine zu reisen. Und natürlich gestalten wir alles so “familienfreundlich” wie möglich!