Rückblick 2023
Das wirklich Bemerkenswerte zum Start in die neue Reisemobil-Saison – wir müssen uns nicht mehr nach “Corona” richten. Endlich scheint dieses Übel ein Ende zu haben und wir können unsere Reisen wieder frei planen! Bereits Anfang März machen wir uns auf den Weg nach Südfrankreich. In Deutschland ist der Frühling noch weit entfernt, auch bei uns im tiefen Südwesten, obwohl das warme Frühlingswetter hier meist 4 Wochen früher beginnt als im übrigen Deutschland.
Die Wetteraussichten für Südfrankreich sind hervorragend. Sonnig, tagsüber bis zu 16 Grad. Unser Ziel ist die “Route du Mimosa”, die Mimosenstraße entlang der Côte d’Azur.
Von Ende Januar bis Mitte März ist es meistens so weit. Das Winterwetter hat weite Teile Europas noch fest im Griff, doch an der südfranzösischen Küste hat der Frühling bereits begonnen. Die Mimosen an der Côte d’Azur.
Die reizvolle Mimosenstraße führt auf 130 km von Bormes-les-Mimosas über Le Rayol-Canadel-sur-Mer, Sainte-Maxime und Saint-Raphaël nach Mandelieu-la-Napoule und weiter über Tanneron und Pégomas bis nach Grasse.
Wir beginnen unsere Reise in Grasse, fahren also die Route “rückwärts” von Grasse nach Bormes-les-Mimosas. Auf teilweise abenteuerlich engen Sträßchen folgen wir den Seealpen der Côte d’Azur, fahren immer wieder steil hinunter zur Küste, um dann wieder über kurvenreiche Anstiege nach Bormes-les-Mimosas zu gelangen.
Würden wir diese Reise noch einmal machen, wäre es sinnvoll, ca. 2 Wochen früher zu starten, zumindest wenn das Wetter so konstant sonnig ist wie bei dieser Reise. Einige der vielen Mimosenbäume und -sträucher waren leider schon am Verblühen.
Eigentlich war geplant, dass meine Frau mit dem Zug nach Hause fährt (sie muss leider noch zur Arbeit) und ich weiter die Mittelmeerküste entlang fahre. Doch daraus wurde nichts, denn die Franzosen hatten beschlossen, in den Generalstreik zu treten. Kein Zug, kein Bus, nichts fuhr mehr. Die Flugpreise ab Nizza oder Marseille stiegen nach der Streikankündigung minütlich ins Unbezahlbare. So blieb nur die gemeinsame Heimreise mit dem Wohnmobil.
Reisebericht Straße der Mimosen
Ich habe eine neue Leidenschaft. Ich “sammle” Nationalstraßen. Französische Nationalstraßen. Ich folge ihnen und versuche, die manchmal längst verschwundenen Trassen, ihre Besonderheiten und ihre Veränderungen zu “erfahren” und zu erleben.
Ich liebe die alten französischen Nationalstraßen. Die alten Michelin-Schilder, die verblassten Werbetafeln an den Häuserfassaden und alles andere, was den Charme der Straßen von damals ausmacht. Das königliche und später kaiserliche Verkehrsnetz Frankreichs, das Erbe der Städte, durch die diese Straßen führen. Jede von ihnen erzählt auf ihre Weise die Geschichte Frankreichs.
Bereits Anfang April packte mich das Fernweh. Ich fuhr auf der Route Nationale 12 in den Norden Frankreichs.
Wie fast alle Nationalstraßen in Frankreich hat auch die RN12 ihren Ursprung auf dem Platz vor der Kathedrale Notre-Dame de Paris. Wo sonst? Bien sûr! Ein Schild auf dem Boden markiert den Nullpunkt der wichtigsten französischen Nationalstraßen.
Die Normandie streifend, die Perche und die zentralen Regionen des Landes überfliegend, führt die historische Nationalstraße 12 buchstäblich ans Ende der Welt!
Ich folge (soweit das noch möglich ist) der Route von 1963, aus dem Jahr, aus dem meine antiquarische Michelin-Straßenkarte stammt. Die Nationalstraße 12 ist immer noch die Hauptverkehrsader, welche die Bretagne zwischen Brest und Rennes mit Paris verbindet.
Ist es noch interessant, diese französische Nationalstraße zu befahren? Ja, unbedingt, bevor alles verschwindet! Ich mache mich auf den Weg und die Nostalgie begleitet mich!
Unterwegs holen mich die aktuellen Streiks in Frankreich wieder ein. Leider nutzen einige Chaoten die Streiks, um durch Randale auf sich aufmerksam zu machen. Selbst in der Provinz kommt es zu Ausschreitungen. Deshalb habe ich mich schweren Herzens entschlossen, nicht nach Rennes zu fahren. Leider sind dort in den nächsten Tagen schwere Ausschreitungen zu befürchten, der Mob ist wieder aktiv. Ich unterstütze jede gewaltfreie Demonstration, für oder gegen was auch immer. Dass dabei, wie gestern Abend, mehrere Autos angezündet werden, ist der Sache nicht dienlich. Stellplatznachbarn haben mich eindringlich davor gewarnt, als Ausländer nach Rennes zu fahren!
Und so erreiche ich die Bretagne und das Meer, ohne diese schöne Stadt gesehen zu haben (zumindest auf dieser Reise).
Und 618 Kilometer von Paris entfernt erreiche ich das Finistère, einst das Ende der Welt! Meiner alten Landkarte folgend, bin ich durch eine beeindruckende und abwechslungsreiche Landschaft mit schönen Städtchen und liebenswerten Menschen gefahren. Begleitet von Wehmut und Nostalgie!
Reisebericht Route Nationale 12
Ich habe meine Reise auf der Route Nationale 12 so geplant, dass ich meine Frau in Paris treffen kann. Sie ist mit dem TGV von Freiburg aus in gut drei Stunden in der französischen Hauptstadt. Sie hat ein paar Tage Urlaub und wir genießen die Stadt.
Und für mich ist es der Startpunkt einer neuen Tour: Entlang der Route Nationale 10 von Paris nach Biarritz!
Schon in der Antike waren die Verkehrswege durch Frankreich die heutigen Nationalstraßen. Es waren die Gallier, die die ersten Wege anlegten, um die verschiedenen Stämme miteinander zu verbinden. Die Römer übernahmen diese Verkehrswege. Über Jahrhunderte nutzten unzählige Pilger diesen Weg, um nach Santiago de Compostela zu gelangen. Die “Via Turonensis” war die meistbenutzte Pilgerverbindung von Nordfrankreich, Holland und England nach Spanien.
Der erste Höhepunkt der Reise ist das Schloss von Versailles. Es ist grandios. Und total überlaufen. Ich habe mir vorsichtshalber schon im Internet eine Eintrittskarte besorgt, muss aber in einer langen Schlange warten, bis ich eingelassen werde. Dann noch eine Ganzkörper-Sicherheitskontrolle … und schon bin ich im Schloss, zusammen mit gefühlt einer Million anderer Besucher. Ganz so schnell geht es dann doch nicht, denn nach und nach muss ich mich von meinem Portemonnaie, dem Schlüsselbund und der Ersatzbatterie für die Kamera in den Jackentaschen trennen. Immer wieder piept das Kontrollgerät. Warum es bei meinem Ersatzschlüssel am Gürtel nicht anschlägt, ist mir im Nachhinein ein Rätsel.
Die N10 verläuft teilweise dreispurig in Richtung Süden. Immer abwechselnd zwei Spuren in eine Richtung und eine Gegenfahrbahn, getrennt durch eine durchgezogene Linie. Bis Anfang der 1980er Jahre war das anders. Die mittlere der drei Spuren war für beide Fahrtrichtungen freigegeben. Und man durfte in beide Richtungen überholen … wenn kein Gegenverkehr kam. Viele, zum Teil schwere Unfälle waren zu beklagen, weil man um jeden Preis so lange wie möglich auf der mittleren Spur blieb. Ein echter Nervenkitzel.
Die Höhepunkte dieser Reise waren neben Paris und Versailles die Städte Chartres, Tours, Poitiers und Bordeaux, Und natürlich ganz weit im Süden das Meer.
Am Atlantik angekommen beginnt die letzte Etappe, das Ende dieser langen Fahrt. Ich bin an der Spanischen Grenze angekommen.
Reisebericht Route Nationale 10
In wenigen Tagen beginnt der Jahresurlaub meiner Frau. Ich fahre wieder gemütlich Richtung Nordwesten nach Bordeaux. Dort treffe ich meine Frau, die mit dem Flugzeug aus Mulhouse kommt. Natürlich will ich sie mit dem Wohnmobil vom Flughafen abholen. Dort sind einige Parkplätze ausgeschildert. Doch ehe ich mich versehe, bin ich auf der Spur zu einem Pkw-Parkplatz. Wenden unmöglich, rechts und links hohe Bordsteine. Und hinter mir eine lange Schlange ungeduldiger Autofahrer. Gott sei Dank gibt es an der Einfahrt keine Höhenbeschränkung, aber die Durchfahrt ist schmal. Sehr schmal. Also klappe ich die Außenspiegel ein und zwänge mich mit zwei Zentimeter Abstand rechts und links durch die Schranke. Aus den Augenwinkeln nehme ich noch die angeschriebenen Parkgebühren wahr. Wahnsinn! Da ahne ich noch nicht, dass der Flieger fast 4 Stunden Verspätung hat. Für den Preis der Parkgebühr hätten wir beide ein fürstliches Essen genießen können.
Es ist Anfang Juni … und es ist sehr, sehr heiß. Wir beschließen, in die Auvergne zu fahren. Durch die Höhenlage erhoffen wir uns etwas weniger hochsommerliche Temperaturen. Trotzdem suchen wir uns immer Stellplätze mit garantiertem Stromanschluss aus, wir nennen das nur noch “Klimaanlagen-Hopping”, denn ohne Kühlung ist es im Wohnmobil kaum auszuhalten.
Nach drei schönen Urlaubswochen fahren wir gemeinsam mit dem Wohnmobil nach Hause. Auch weil bei mir einige notwendige Arztbesuche anstehen. Und leider zeichnet sich da schon Unangenehmes ab.
Aber will ich trotzdem noch einmal los. Schon lange hatte ich mir vorgenommen, der Rhône von der Quelle bis nach Lyon zu folgen. Die Rhône, der wasserreichste Fluss Frankreichs, entspringt am schweizerischen Rhônegletscher. Sie durchfließt die Schweiz und Frankreich und ist mit einer Länge von gut 800 Kilometern nach der Loire und der Maas der drittlängste Fluss Frankreichs.
Es ist Anfang August. Die Schweizer feiern ihren Nationalfeiertag, entsprechend dicht ist der Verkehr auf der Autobahn Richtung Gotthardtunnel. Ich stecke mitten im Feiertagsstau vor dem Tunnel, obwohl ich eigentlich nur die letzte Ausfahrt der A2 Richtung Furkajoch nehmen muss. Doch dann entschädigen mich grandiose Bergpanoramen. Und auf dem Furkapass erreiche ich den höchsten Punkt vor dem Gletscher.
Nur 800 Meter sind es zu Fuß bis zur Gletscherzunge. Ein Lehrpfad vermittelt auf mehreren Schautafeln interessante Fakten und zeigt, wie sensibel die Natur auf Klimaveränderungen reagiert.
Hier ist die junge Rhône noch ein schmales, wildes Bächlein, in wenigen hundert Kilometern wird sie zum mächtigen Strom der ins Mittelmeer mündet. Im Walliser Rheintal führt die Furkastrasse steil hinunter und folgt der immer mächtiger werdenden Rhône über Brig und Sion bis zum Genfersee.
Hinter Genf zwängt sich die Rhône bei La Balme zum letzten Mal durch das Jura. Ab hier geht es gemächlich und ruhig bis nach Lyon.
Reisebericht Rhône – Von der Quelle bis nach Lyon
Nach dieser interessanten Reise mache ich mich auf den Heimweg. Weitere Untersuchungen stehen an. Ich hätte mir andere Ergebnisse gewünscht.
Aber ich breche noch einmal auf, Richtung Westen, der Loire entlang nach Nantes. Das Fernweh hat mich gepackt! Es ist Anfang September, meine Frau hat in wenigen Tagen den zweiten Teil ihres Jahresurlaubs. Sie kommt mit dem TGV nach Nantes, keine sechs Stunden von zu Hause entfernt. Mit bis zu 300 Stundenkilometern ist sie pfeilschnell unterwegs. Wir wollen gemeinsam von Nantes am Atlantik entlang nach Bordeaux fahren.
Wir wollen nicht nur der Küste folgen, sondern auch die Städte und Dörfer im Landesinneren besuchen. Abseits der üblichen Touristenströme, die vor allem in den Sommermonaten die Badeorte entlang der Strände bevölkern.
Wir wollen auf die Noirmoutier, eine der der Küste vorgelagerten Insel. Egal wo ich an den Atlantik komme, es ist immer Ebbe! Nur jetzt nicht. Denn wir wollen über die Passage du Gois auf die Insel übersetzen. Aber es ist Flut und die Straße steht unter Wasser. Wir müssen also die Brücke benutzen, die erst seit 1971(!) auf die Insel führt.
Und weiter ins Landesinnere zu den Abteien der Vendée und des Marais Poitevin. In dieser Gegend gibt es eine Vielzahl sehr gut erhaltener und ebenso alter Abteien und Klöster zu besichtigen.
Vorbei an Les-Sables-d’Olonne und La Rochelle wollen wir auf die Insel Île Madame, der kleinsten Insel im Mündungsgebiet der Charente. Auf der Insel soll es einen wunderbar einsamen und abgelegenen Stellplatz geben. Aber … keine Brücke führt auf die Insel. Es gibt nur eine Passage durch das Watt, die aber nur bei Ebbe passierbar ist, die “Passe aux Bœufs”, die Ochsenfurt! Als wir ankommen, ist der niedrigste Wasserstand gerade überschritten, die Flut setzt ein. Für uns ist die Durchfahrt leider nicht mehr möglich.
Wie gefährlich solche Übergänge sein können, erleben wir in diesem Moment hautnah. Ich schnappe mir den Fotoapparat, um ein paar Bilder vom Übergang zu machen. Teile des Übergangs sind bereits mit Wasser bedeckt. Ich bemerke, dass Menschen unterwegs sind, ein Auto rast auf den Übergang zu und fährt so weit wie möglich auf den noch trockenen Teil. Jetzt sehe ich den Grund für die Aufregung: Ein Hund ist im Wasser und paddelt wie verrückt, offensichtlich kann er nicht mehr stehen. Und durch die Wellen hat er wohl die Orientierung verloren. Ständig schwimmt er hin und her und weiß nicht wohin. Mal Richtung Insel, mal Richtung Land. Die Rufe der Menschen scheint er nicht zu hören. Entweder ist er völlig verwirrt oder es ist zu laut in der Brandung. Was tun? Wie ruft man einen Hund … man pfeift! Also pfeife ein paar Mal laut durch die Finger. Der Hund reagiert! Ich pfeife weiter, und tatsächlich schwimmt er jetzt in meine Richtung. An Land ist er völlig kopflos, übersieht seine Menschen, rennt an ihnen vorbei und ich kann ihn gerade noch stoppen und festhalten, bevor er völlig hysterisch das Weite sucht. Puh, das war knapp. Es sind noch keine 5 Minuten vergangen, da flitzt er noch spielend über die Passage und kann plötzlich nicht mehr stehen. Faszinierend, wie schnell die Flut durch die Bucht kommt. Das Herrchen des Hundes, Monsieur, umarmt mich voller Dankbarkeit, Madame ist in Tränen aufgelöst. Wie schön!
Meine Frau hat wieder einen Platz im TGV ab Bordeaux gebucht. Von dort aus fährt der Hochgeschwindigkeitszug in knapp 8 Stunden bis nach Freiburg. Also fast bis vor unsere Haustür.
Reisebericht von Nantes nach Bordeaux
Auch ich mache mich wieder auf den Weg. Aber immer auf der Route Nationale 89, die von Bordeaux nach Lyon führt.
Bordeaux ist einer der Höhepunkte dieser Reise. Eine bemerkenswert schöne Großstadt. Mit vielen Cafés, Restaurants und schönen Geschäften. Und viel Trubel!
Je näher ich Saint-Émilion komme, desto mehr verändert sich die Landschaft. Aus den grauen Vororten von Bordeaux werden liebliche Weinberge voller reifer Trauben.
Und dann erreiche ich mein geliebtes Périgord. Sanfte Hügel mit Kastanienwäldern, Täler mit Walnussbäumen, Tabakfeldern und Obstgärten, mit grünen Wiesen und hübschen Kühen. Viele kleine und große Bäche durchziehen die Gegend. Ein wahres Paradies!
Es ist ein Mittwoch als ich in Périgueux ankomme. Und das ist kein Zufall, denn ich weiß, dass immer an diesem Wochentag rund um die Kathedrale und in den Gassen der Altstadt ein wunderschöner Wochenmarkt stattfindet. Für mich ist das, neben dem Wochenmarkt in Sarlat (immer samstags), der schönste Markt im Périgord.
Hinter Ussel verlasse ich die Corrèze und erreiche die Auvergne und damit das Zentrum des Zentralmassivs. Die alte N89 wird nun immer schmaler und kurviger, Serpentinen und kleine Pässe sind zu bewältigen. Vorbei an Bourg-Lastic und Rochefort-Montagne fahre ich an einem herrlichen, sonnigen Herbstmorgen Richtung Clermont-Ferrand, die Vulkankette der Puys und den Gipfel des Puy de Dôme immer fest im Blick.
Ich bin früh morgens unterwegs, kein Verkehr, himmlische Ruhe, es ist paradiesisch schön. In steilen Serpentinen mit teilweise bis zu 14% Gefälle geht es hinunter ins Rhônetal nach Lyon.
Reisebericht Route Nationale 89 – von Bordeaux nach Lyon
Es ist Ende Oktober. Ich bin auf dem Weg nach Hause. Ich lasse mir Zeit, mache noch einen Abstecher an den Bodensee und nach Oberschwaben, bevor ich Mitte November wieder zu Hause bin. Seit ein paar Tagen ist es kalt, der Herbst ist da.
Und dann beginnen die Krankenhausaufenthalte und Operationen, aber alles ist gut überstanden Und ich werde darin bestärkt, nichts mehr auf die lange Bank zu schieben. Wenn ich mal in Rente gehe … wenn ich dies tue und wenn ich das tue … Alles kann sich von heute auf morgen ändern und alle Pläne zunichte machen!
Carpe diem
Meiner Frau, die meine touristischen “Alleingänge” akzeptiert, gilt wie immer ein großes Dankeschön!