Rund um Deutschland – Nordseeküste und Emsland

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Wo an der Nordseeküste das Meer auf Land trifft, beginnt ein einzigartiger Lebensraum: das Wattenmeer. Meine Deutschlandreise führt mich entlang der Nordseeküste durch West- und Ostfriesland und ganz im Westen entlang der niederländischen Grenze durch das Emsland nach Süden.

Die letzte Nacht war sehr stürmisch. Der Wind hat das Wohnmobil trotz ausgefahrener Stützen stark ins Wanken gebracht. Eine Fahne am Hafen machte im Sturm einen solchen Lärm, dass ich immer wieder wach wurde. Mal sehen, wie sich die bevorstehende Elbüberquerung nach Wischhafen im Sturm gestaltet. Ich bin nicht besonders “seefest”. Und tatsächlich: Die Fähre hat bei dem Seegang und den Wellen erhebliche Mühe, den Fluss zu überqueren. Ich bin froh, als ich auf der anderen Seite ankomme!

An Freiburg an der Elbe vorbei und so nah wie möglich am Fluss entlang erreiche ich nach einer guten Stunde Otterndorf, die älteste Stadt im Elbe-Weser-Dreieck. Das liebenswerte Städtchen liegt direkt am Südufer der Elbe, wo sie in die Nordsee mündet. Ich schlendere durch die engen Gassen der über 600 Jahre alten Stadt, vorbei an hübschen Winkeln und kleinen Gassen und bestaune die schönen Häuser. Viele stammen noch aus dem 16. Jahrhundert und wurden in den letzten Jahren aufwendig und liebevoll restauriert.

Otterndorf
Otterndorf
Otterndorf – Schulhaus

In Cuxhaven fahre ich direkt zum Stellplatz am Fährhafen. Ich bin gespannt, wie sich die prognostizierten Touristenströme an der Nordsee verteilen und bin überrascht, wie viele Plätze noch frei sind. Doch am Hafen ist aber kein Parkplatz zu finden. Also verschiebe ich den Stadtbummel auf morgen.

Schon um 7 Uhr bin ich auf den Beinen und schlendere durch das Hafengebiet zur Alten Liebe. Die Alte Liebe ist tatsächlich alt. Der zweigeschossige Holzbau wurde 1733 als Schiffsanleger und Wellenbrecher errichtet.

Auch heute noch starten von der Alten Liebe Schiffe zu den Inseln Neuwerk und Helgoland sowie zu den Seehundsbänken. Vor allem aber trifft man sich an der Alten Liebe, um die großen “Pötte” aus aller Welt zu bestaunen, die hier hautnah vorbeiziehen.

Cuxhaven – “Alte Liebe”

Ein Feuerschiff ist eine Art schwimmender Leuchtturm, der vorbeifahrenden Schiffen als Orientierung dient. Die Elbe 1 war von 1948 bis 1988 im Einsatz. Obwohl das Schiff immer noch seetüchtig ist, dient es nicht mehr als Navigationshilfe, sondern als Ausflugsschiff. Außerdem ist es gern gesehener Gast bei maritimen Festen.

Cuxhaven – Feuerschiff Elbe 1
Cuxhaven

Noch während ich durch den Hafen schlendere, braut sich über der Elbe ein heftiges Gewitter zusammen. Schnell bringe ich mich im Wohnmobil in Sicherheit, aber nicht bevor ich die fantastische Stimmung fotografiert habe.

Cuxhaven – Gewitter über Offshore Windpark

Entlang des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer fahre ich über Midlum (historische Mühle und Backhaus) nach Bremerhaven. Auch hier ist der örtliche Stellplatz am Schleusenhafen erstaunlich leer. Das macht mir Mut für die Weiterfahrt. Doch ich sollte mich täuschen…

In der Stadt am Weserdeich sind die Havenwelten Bremerhaven entstanden, ein Tourismuszentrum. Die futuristischen Gebäude gefallen mir sehr gut. Ich finde es sehr interessant, wie in vielen Hafenstädten alte Kai- und Fabrikgebäude sensibel restauriert und einer neuen Nutzung zugeführt werden oder sogar neue, moderne Stadtteile am Hafen entstehen.

Bremerhaven – Havenwelten
Bremerhaven – Havenwelten

Mit der Fähre fahre ich am nächsten Morgen von Bremerhaven nach Nordenham und entlang des Jadebusens über Wilhelmshaven nach Hooksiel. So zumindest mein Plan. Schon auf dem Weg dorthin komme ich immer wieder in kleine Staus. Die Straße ins Zentrum von Hooksiel ist von der Feuerwehr abgesperrt. Mehrere Rettungswagen kommen mir entgegen. Auf dem Edeka-Parkplatz ist Land unter. Morgen gibt es wohl nichts mehr zu kaufen? Und ich kann mich mal wieder an der Ignoranz meiner Mitmenschen abarbeiten, wenn es um das Thema “Corona-Hygienemaßnahmen” geht.

Mein Wunschplatz in Wangerland am Yachthafen ist voll. Dass ich keinen Platz in der ersten Reihe bekomme, ist klar, aber die hinteren Plätze sind inzwischen für Wohnmobile gesperrt. Keine Chance. Also weiter zum Wohnmobilstellplatz an der Ostdüne. Dort stehen sie schon lange vor der Einfahrtsschranke. Ich bin im Urlauberwahnsinn an der Nordsee angekommen. Und darauf habe ich überhaupt keine Lust! Ich beschließe, übers Wochenende ins Landesinnere zu fahren um dem Trubel zu entgehen. In Jever ist der Stellplatz halb leer und ich igle mich hier für ein paar Tage ein.

Das sind die Situationen, in denen mir das Wohnmobilfahren nach 40 Jahren keinen Spaß mehr macht. Es gibt einfach viel zu viele dieser Kisten. Die Hersteller produzieren wie verrückt, die Leute kaufen und mieten wie verrückt, aber keiner denkt daran, dass die Infrastruktur nicht mitgewachsen ist. Ich verstehe, dass Wohnmobile mancherorts zur Plage geworden sind.

Jever ist eine hübsche, verträumte Kleinstadt. Echt “friesisch”. Man kennt Jever durch das weltberühmte Friesische Brauhaus, aber die Stadt hat noch viel mehr zu bieten. Mittelpunkt ist das Schloss. Die Fußgängerzone lockt mit hübschen Geschäften, Straßencafés und Teestuben. Und so lasse ich hier den Wochenendtrubel an mir vorbeiziehen, bevor ich meine Reise fortsetze.

Jever – Rathaus
Jever – Schloss

An diesem Sonntag lasse ich mich tatsächlich vom Wecker wecken, denn ich will die kleinen, gut besuchten Orte an der Küste früh und vor den Massen besuchen. Schon um 7 Uhr mache ich mich auf den Weg nach Harlesiel. Der Ort ist Ausgangspunkt für die Fähren nach Wangerooge und für Ausflüge in das UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer. Der Wohnmobilstellplatz am Fähranleger ist, wie befürchtet, überfüllt.

Harlesiel

In Neuharlingersiel fahre ich auf gut Glück zum Wohnmobilstellplatz und tatsächlich ist noch ein Platz für mich frei. Am Sonntagnachmittag fahren die Wochenendurlauber nach Hause und machen Platz!

Neuharlingersiel

Am nächsten Morgen fahre ich an der Küste entlang über Dornumersiel und Neßmersiel nach Norden. Ich habe mir ein Paket an eine Packstation im Gewerbegebiet schicken lassen. Dort kann ich mit meinem Wohnmobil am besten parken. DHL hat das Paket aber in die Postfiliale mitten in der Stadt geliefert. Also suche ich mir erst einmal einen Parkplatz und laufe in die Innenstadt zur Post. Dort hole ich mein Paket ab, laufe zurück zum Wohnmobil und schaffe es gerade noch rechtzeitig, bevor ein gewaltiger Wolkenbruch die Straßen komplett unter Wasser setzt. Aus dem Stadtbummel wird also heute nichts…

In Norddeich, dem Nordseebad, beziehe ich Quartier auf dem schönen Wohnmobilstellplatz und wider Erwarten zeigt sich am Nachmittag wieder die Sonne. Zumindest so lange, bis ich mich auf den Weg mache um mir den Ort anzuschauen. Trocken schaffe ich es nicht zurück zum Wohnmobil. Typisch norddeutsches Wetter!

Nordstrand hat nicht viel zu bieten. Wer Souvenir- und Nippesläden mag und gerne an Fischbuden vorbeischlendert, die nach altem Fett riechen, ist hier genau richtig. Aber wer will das schon? Strandurlauber werden sich aber bestimmt hier wohlfühlen.

Der Name Norddeich ist mir durch “Radio Norddeich” ein Begriff. Nach seiner Gründung im Jahre 1907 übernahm der Sender rund 90 Jahre lang den Telegrammverkehr (per Morsezeichen) mit Schiffen in aller Welt. An Heiligabend wurden Weihnachtsgrüße an alle deutschen Schiffe weltweit gesendet – zum letzten Mal 1998. Heute erfolgt die gesamte Kommunikation natürlich digital über Satellit.

Norddeich
Norddeich

Ich wache auf, weil der Regen wieder auf das Dach des Wohnmobils prasselt. Trotzdem fahre ich nach Norden, denn laut Wetterbericht soll der Regen bald aufhören. Und tatsächlich, kurze Zeit später scheint die Sonne und die Stadtbesichtigung kann beginnen.

Es klingt zunächst verwirrend, ist aber eigentlich ganz einfach: Norden liegt im Westen Ostfrieslands, direkt an der Nordsee.

Norden
Norden

Greetsiel hat einen sehr schönen Wohnmobilstellplatz und es gefällt mir hier so gut, dass ich gleich ein paar Tage bleiben möchte. Ich werde auf meiner Reise auch nicht mehr allzu lange an der Nordsee sein, so dass ich sie noch ein bisschen genießen kann.

Greetsiel
Greetsiel
Greetsiel
Greetsiel
Greetsiel

Ich bin sehr gespannt, ob ich in Emden am Hafen noch einen Platz auf dem dortigen Übernachtungsplatz bekomme. Die südlichen Bundesländer haben jetzt auch Sommerferien, und so sind die freien Stellplätze rar, zumindest die in der ersten Reihe.

Also rechtzeitig in Greetsiel das Wohnmobil reisefertig machen, noch schnell tanken und los geht’s nach Süden Richtung Ems. In Emden ist eine Kanalbrücke gesperrt, natürlich kennen nur die Einheimischen die Ausweichstrecken, denn eine Umleitung ist nirgends ausgeschildert. Und dann stehe ich tatsächlich in der ersten Reihe mit Blick auf den Hafen. Ein Kollege muss gerade weggefahren sein. Glück gehabt! Noch schnell die Gebühr beim Hafenmeister bezahlt und ich kann meinen Stadtbummel starten.

Emden
Emden – Menschenschlange vor dem Otto Waalkes Museum
Emden
Emden

Immer an der Ems entlang ist es nicht weit nach Leer. In der historischen Altstadt fühle ich mich sofort wohl. In den historischen Bürgerhäusern gibt es originelle kleine Geschäfte und eine große Auswahl an Restaurants und Cafés, die mit ihren schönen Aussichten zum Verweilen einladen. Am besten gefällt mir der Bereich um die Kirchen. Die Große Kirche und die Lutherkirche stehen dicht beieinander. Und in den Gassen dazwischen gibt es wunderschöne Altstadthäuser zu bestaunen.

Und natürlich besuche ich auch die Teemanufaktur Bünting, um einen friesischen Tee stilecht zu zelebrieren.

Leer
Leer
Leer – Teemanufaktur Bünting
Leer – Schloss Evenburg

Heute ist ein sehr heißer Tag. Das Thermometer klettert weit über 30 Grad. Ich beschließe, eine Tour auf der anderen Seite der Ems zu machen. So kann ich die schöne Landschaft genießen und gleichzeitig die Klimaanlage im Wohnmobil nutzen. Durch den Emstunnel gelange ich auf die linke Emsseite und fahre über Jemgum und Pogum bis zur niederländischen Grenze. Da die Fähre zwischen Ditzum und Petkum nicht verkehrt, fahre ich zurück durch den Tunnel und auf der rechten Emsseite in die Krummhörn bis zum Leuchtturm nach Campen. Auf dem kleinen Parkplatz kann ich übernachten, einen schönen Spaziergang auf dem Emsdeich machen und einen herrlichen Sonnenuntergang erleben.

Krummhörn
Krummhörn
Krummhörn

Natürlich will ich auch den wohl berühmtesten Leuchtturm Ostfrieslands besuchen. Bekannt wurde er durch den Otto-Film “Otto – der Außerfriesische”, der rund um Pilsum und Greetsiel gedreht wurde. Sein gelb-roter Anstrich verleiht ihm sein unverwechselbares Aussehen.

Pilsumer Leuchtturm

Heute verlasse ich die Nordseeküste und fahre entlang der Ems nach Papenburg. Schon von weitem sehe ich die riesigen Hallen der Meyer Werft. Papenburg ist über die Grenzen Norddeutschlands hinaus bekannt für die Kreuzfahrtschiffe, die hier gebaut werden. Die Überführung der Ozeanriesen auf der Ems lockt jedes Mal tausende Schaulustige an das Flussufer.

Die sehr attraktive Stadt wird von Binnenkanälen durchzogen und deshalb auch “Venedig des Nordens” genannt.

Ich finde es sehr schön, am Hauptkanal im Schutz der Bäume auf der einen Seite entlang zu schlendern und auf der anderen Seite wieder zurück.

Papenburg
Papenburg
Papenburg

Entlang der Ems geht es weiter nach Süden. Die Landschaft wird zunehmend hügeliger und grüner. Dichte Laubwälder säumen meinen Weg durch eine abwechslungsreiche Landschaft. Wasser, Moor und Felder prägen das Emsland.

Am Unterlauf der Ems liegt die reizvolle Stadt Lingen. Die größte Stadt des Emslandes ist auch das wirtschaftliche Zentrum. Durch malerische Altstadtgassen schlendere ich ausgiebig durch die Fußgängerzonen, die einen großen Teil der Altstadt ausmachen. Große Namen und kleine Boutiquen säumen die Straßen, Cafés laden zu einer Tasse Cappuccino zwischendurch ein.

Lingen
Lingen

Mein letztes Ziel auf meiner Deutschlandtour in Niedersachsen und direkt an der Grenze zu den Niederlanden ist Bad Bentheim. Das hübsche Städtchen wird geprägt von der Burg Bentheim. Sie gilt als eine der größten und schönsten Burganlagen Nordwestdeutschlands und ist das Wahrzeichen der Stadt.

Bad Bentheim
Bad Bentheim

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