Von Nantes nach Bordeaux
Mit seinen idyllischen Inseln, riesigen Dünen, ausgedehnten Kiefernwäldern, großen Seen, malerischen Fischerdörfern, historischen Städten und nicht zuletzt den endlosen feinen Sandstränden ist dieser Abschnitt des Atlantiks (und seines Hinterlandes) eine der schönsten Regionen Frankreichs.
Ein kleiner Ausflug ins Marais Poitevin bietet ein Kontrastprogramm im Landesinneren, denn das zweitgrößte Feuchtbiotop Frankreichs ist ein einzigartiges Ökosystem. Mit dem bezaubernden Ort Coulon erreicht man das „Grüne Venedig“, wo man sich unbedingt einmal von einem Gondoliere durch die Sümpfe rudern lassen sollte.
Ohnehin wollen wir nicht nur der Küste folgen, sondern auch die Städte und Dörfer im Landesinneren besuchen. Abseits der üblichen Touristenströme, die vor allem in den Sommermonaten die Badeorte entlang der Strände bevölkern.
Entlang der französischen Atlantikküste gibt es eine erstaunliche Anzahl von UNESCO-Weltkulturerbestätten, von denen der historische Hafen von La Rochelle eine der sehenswertesten ist. Unterbrochen wird der Küstenabschnitt durch das gewaltige Mündungsgebiet der Gironde, an dessen Ende die sehenswerte Stadt Bordeaux liegt.

Wir beginnen diese Reise nicht dort, wo die Loire in den Atlantik mündet, sondern schon im Landesinneren, in Nantes. Ich bin schon seit ein paar Tagen auf dem Weg hierher. Durch das Burgund und entlang der Loire bin ich gemütlich immer weiter nach Westen gefahren. Die heißen Sommertage scheinen vorbei zu sein, morgens und nachts ist es schon recht kühl, der nahende Herbst kündigt sich an. Meine Frau kommt heute mit dem TGV via Straßburg und Paris nach Nantes. Von Freiburg aus ist das kein Problem, in gut sechs Stunden ist sie da. Endlich sind wir wieder einmal für eine längere Zeit zusammen unterwegs!
Nantes ist nach Bordeaux die größte Stadt der Reise. Mit fast 300.000 Einwohnern ist sie eine bedeutende Großstadt vor der Mündung der Loire in den Atlantik. Nantes ist sehenswert. Ob die Kathedrale Peter und Paul, die Fachwerkhäuser im alten Viertel Bouffay oder das Schloss der Herzöge der Bretagne aus dem 15. Jahrhundert. Umrahmt wird das Ganze von viel Grün und kleinen Plätzen, die zum Verweilen einladen. Und Nantes ist eine Stadt mit vielen Studenten. Entlang der Loire und der Erdre gibt es viele bewohnte Hausboote, Studentenkneipen und viel “alternatives Leben”.




Das “Château des Ducs de Bretagne” von Nantes, ein eindrucksvolles Gebäude aus Granit und weißem Tuffstein, ist das letzte in der Reihe der vielen Loire Schlösser, bevor der Fluss in den Atlantik mündet.

Wer gerne einkaufen geht, ist in Nantes gut aufgehoben. Viele kleine Läden laden zum Stöbern ein. Einen Kontrast dazu bildet die mondäne Passage Pommeraye. Eine der eindrucksvollsten und schönsten Passagen Europas, die sich über drei Ebenen erstreckt. Erbaut Mitte des 19. Jahrhunderts im neu entstehenden Kulturviertel der Stadt. Vorbild für die Anlage waren die Pariser Passagen, um viele einzelne Geschäfte miteinander zu verbinden. Über eine grazile Eisenkonstruktion wurden Glasdächer gespannt, die Licht von oben spenden. Die Passagen wurden auch zum Schauplatz der ersten Gasbeleuchtung, so dass sie auch bei schlechtem Wetter zum Flanieren einluden, um die in den Läden ausgebreiteten Waren zu betrachten. Die eleganten Damen konnten ihrem „Schaufensterbummel“, ihrer „Lèche Vitrine“ frönen, die elegant gekleideten Herren, die Flaneure, konnten sie dabei beobachten.

In Richtung der Loire-Inseln gibt es einen besonders originellen Ort zu entdecken: “Les Machines de l’île”. Es handelt sich um einen Ausstellungsbereich, der oft mit einer Mischung aus der Welt von Jules Vernes und den Erfindungen von Leonardo da Vinci verglichen wird. Was wir hier entdecken, ist einzigartig: Tiere aus Holz und Stahl, die in einer überraschenden Ausstellung mechanisch in Szene gesetzt werden und wer möchte, kann auf einem 12 Meter hohen Elefanten reiten, dessen gigantische Konstruktion bis zu fünfzig Passagieren Platz bietet. Alles ist ein bisschen bizarr, aber wunderschön anzusehen. Und für “Technikfans” absolut lohnenswert.


Die 1975 fertiggestellte Brücke von Saint-Nazaire mit ihren weiß-rot gestrichenen Pfeilern spannt sich in einem eleganten Bogen bis zu 61 m hoch über die Loire-Mündung. Sie ist eine der größten Hängebrücken Europas und verbindet Saint-Nazaire und Saint-Brévin auf einer Länge von über 3 km. Deutlich sichtbar verbindet sich hier die inzwischen über 1000 Kilometer lange Loire mit dem Atlantik. Die Auswirkungen der Meeresgezeiten sind bis weit ins Hinterland der Loire zu spüren.
Es macht Spaß, auf der mautfreien Brücke erst die steile Rampe hinauf zu fahren und dann auf der Südseite in einer langen Schleife wieder hinunter.

Die Küste ist geprägt von schroffen Felsen, herrlichen Stränden und idyllischen Buchten. Ein kleiner Badeort reiht sich an den anderen, keiner wird von großen Hotelburgen verunstaltet. Wunderschöne, strahlend weiße Häuser mit blauen Fensterläden zeugen davon, dass dieser Küstenabschnitt vor nicht allzu langer Zeit noch zur Bretagne gehörte (Nantes war einst die Hauptstadt der Bretagne), und auch die Esskultur zeigt deutlich bretonische Einflüsse. So findet man überall die köstlichen bretonischen Crêpes. Und natürlich Meeresfrüchte in allen erdenklichen Variationen.


Wir wollen auf die Insel Noirmoutier, eine der der Küste vorgelagerten Inseln, die alle mit dem Wohnmobil über eine Brücke gut zu erreichen sind. Egal wo ich an den Atlantik komme, es ist immer Ebbe! Nur jetzt nicht. Denn wir wollen über die Passage du Gois auf die Insel übersetzen. Aber es ist Flut und die Straße steht unter Wasser. Wir müssen also die Brücke benutzen, die erst seit 1971(!) auf die Insel führt.

Die Passage du Gois in der Bucht von Bourgneuf ist ein 4,2 km langer Damm, der die Insel Noirmoutier mit dem Festland verbindet. Aber nur bei Ebbe! Bei Flut wird die Straße vollständig vom Atlantik überspült. Bei Ebbe bleibt ein Zeitfenster von 3 Stunden zum Überqueren. Die Überfahrt ist also von 1h30 vor Niedrigwasser bis 1h30 danach möglich. Seine 9 Leuchttürme dienen als Zufluchtsort für Wagemutige, die vom steigenden Wasser überrascht werden und bis zur nächsten Ebbe ausharren müssen. Und so manches Auto ist schon in der wiederkehrenden Flut verschwunden. Die Durchfahrt wäre für uns (nicht zum ersten Mal) ein außergewöhnliches Erlebnis gewesen. Schade!
Bei Ebbe stehen Heerscharen von Franzosen mit Schaufeln, Rechen und Eimern im Schlick neben der Straße, in dicken Gummistiefeln oder barfuß, buddeln und sammeln allerlei Schnecken, Muscheln und Würmer. Alles soll sehr gut schmecken. Na ja!
Auf einem Stellplatz komme ich in den zweifelhaften Genuss, dieses Meeresgetier zu probieren. Am Parkautomaten komme ich mit einer Frau ins Gespräch, die zusammen mit ihrem Mann ebenfalls mit dem Wohnmobil unterwegs ist. Zufällig kommen wir auf die französische Küche zu sprechen. Und das ist ihr Stichwort!
Sie erzählt mir, dass ihr Mann Schnecken gesammelt hat. Und gekocht. Aber ganz falsch, denn er hat sie nicht, wie es sich gehört, in heißes Wasser geworfen, sondern in kaltem Wasser langsam zum Kochen gebracht. So hatten die Schnecken Zeit, sich tief in ihr Schneckenhaus zurückzuziehen. Und jetzt ist es schwierig, sie wieder herauszubekommen, um sie zu genießen. Und ich soll sie unbedingt probieren! Meine Frau zieht sich diskret zurück und überlässt mich dem kulinarischen Experiment. Mit einem langen Zahnstocher versucht Madame, die Schnecken aus ihren Häuschen zu popeln. Das gelingt aber nur sehr unbefriedigend. Ich bin schon froh, dem Festmahl entkommen zu sein, als sie eine geniale Idee hat. Kurzerhand holt sie einen Nussknacker aus dem Wohnmobil, knack, knack, die Schnecken sind geknackt und ich komme aus der Nummer nicht mehr raus. Na denn … Ich hätte jetzt lieber ein badisches Schäufele!

Der Hauptort der Insel, Noirmoutier-en-île, ist ein kleiner, hübscher Ort, in dem 2/3 der Inselbewohner leben und arbeiten. Neben den vielen Stränden ist der Ort der Hauptanziehungspunkt für den Tourismus. Viele kleine Geschäfte, Bistros und Cafés machen für uns einen Bummel durch den Ort angenehm und kurzweilig.


Immer wieder fallen uns die ausgedehnten Salzgärten auf der Insel Noirmoutier auf. Ab dem 5. Jahrhundert verwandelten Benediktinermönche die feuchten Sümpfe der Insel in Salzgärten, um Meersalz, das “weiße Gold” der Insel, zu gewinnen. Die Salzgärten von Noirmoutier sind eine einzigartige und faszinierende Landschaft, die aus einem Mosaik von Salzbecken besteht. Fast 3.000 Tonnen Meersalz ernten die Salzbauern jährlich. Teilweise als Speisesalz, teilweise für die industrielle Weiterverwendung, z.B. als Streusalz. Und ein Päckchen “Fleur de Sel” nehmen wir natürlich mit nach Hause.

Der Tourismus begann in Les Sables-d’Olonne mit der Mode der Seebäder und der Ankunft der Eisenbahn 1866 mit den sogenannten „Vergnügungszügen“. Rund um den Remblai (Strandpromenade) entstanden immer mehr Villen am Meer. Mit der Einführung des bezahlten Urlaubs in Frankreich ab 1936 und noch mehr ab den 1950er Jahren wird die Entwicklung des Tourismus in Les Sables-d’Olonne immer dominanter. Aus dem mondänen Seebad der Belle Epoque wird eine moderne Touristenhochburg.
Das merken wir, als wir versuchen, einen Parkplatz für unser Wohnmobil zu finden. Selbst am Stadtrand ist alles hoffnungslos zugeparkt. Also auf zum Park&Ride-Platz. Eine Höhenbeschränkung lässt uns die Idee, mit dem Bus in die Stadt zu fahren, schnell wieder verwerfen. Also wieder am Hafen entlang … und tatsächlich parkt jemand aus und wir haben unsere 2 benötigten Parkplatzlängen ergattert.
Wir beginnen im Viertel La Chaume mit seinen Fischerhäusern, Kais, Molen, Leuchttürmen und dem Priorat Saint-Nicolas. Ein Bummel durch die engen Gassen mit den traditionellen, niedrigen Häusern lohnt sich. In den Bars und Restaurants herrscht reges Treiben und im Sommer verkaufen die Fischer ihre frisch gefangenen Sardinen direkt am Hafenkai. Wir lassen uns Zeit und beobachten das Treiben von einem der vielen Straßencafés aus.




Dann geht es mit der Fähre auf die andere Seite des Hafens. Hier liegt der 3 Kilometer lange, schneeweiße Sandstrand von Les Sables-d’Olonne mit den Touristenhotels. Und noch eine Besonderheit: die Muschelstraße I’Île Penotte. Die Häuserwände der kleinen Straße sind mit großen Bildern aus Muscheln aus aller Welt geschmückt. Eigentlich ganz hübsch anzusehen, aber auch ein bisschen kitschig.


Wir fahren ins Landesinnere zu den Abteien der Vendée und des Marais Poitevin. In dieser Gegend gibt es eine Vielzahl sehr gut erhaltener und ebenso alter Abteien und Klöster zu besichtigen.
Die romanische Abtei Saint-Pierre de Maillezais wurde 1003 an der Stelle einer mächtigen Festung erbaut. Papst Johannes XXII. erhob sie 1317 zur gotischen Kathedrale. Während der Religionskriege wurde sie von den Calvinisten zu einer protestantischen Festung ausgebaut. Während der Französischen Revolution wurde sie verkauft und ging in den Besitz eines Abbruchunternehmens über, das sie in einen Steinbruch verwandelte. Heute bilden die imposanten Überreste der Abtei eine grüne Insel, an deren Fuß der kleine Bach Autise still dahinfließt.
Wir genießen es, den Ort zu erkunden. Wir sind früh am Morgen hier, außer uns ist kaum jemand da. Die Ruhe ist wunderbar.



Der 1067 gegründete Klosterkomplex von Nieul-sur-l’Autise ist der einzige, dessen drei Elemente trotz der dunklen Zeiten der Religionskriege nahezu unversehrt geblieben sind: die Abteikirche, der romanische Kreuzgang und die Konventsgebäude.



Der regionale Naturpark Marais Poitevin, nach der Carmarque das zweitgrößte Feuchtgebiet Frankreichs, liegt etwa 80 Kilometer östlich der Bucht von lÀiguillon in der südlichen Vendée. Er wurde mit dem Prädikat “Grand Site de France” ausgezeichnet. Wegen der vielen Kanäle und der üppigen Natur wird das Feuchtgebiet liebevoll “Venise Verte”, das grüne Venedig, genannt.
Ursprünglich befand sich hier das Meer, das sich im Laufe der Zeit immer weiter zurückzog. Zurück blieb eine Sumpflandschaft, die ab dem 11. Jahrhundert von den Mönchen der umliegenden Klöster nutzbar gemacht wurde. Dazu wurde dem Sumpf durch Kanäle und Deiche gezielt Wasser entzogen und in die Sèvre-Niortaise bzw. in den Atlantik abgeleitet. Das so gewonnene Land konnte erfolgreich landwirtschaftlich genutzt werden und verhalf den Klöstern zu beträchtlichem Wohlstand. Ein wahres Labyrinth von Kanälen, gesäumt von Eschen, Weiden und Erlen, durchzieht diesen riesigen ökologischen Komplex.
Das Vorkommen bemerkenswerter und bedrohter Arten erklärt, warum ein großer Teil dieses Gebietes für die Öffentlichkeit nur im Rahmen von Führungen zugänglich ist. Entstanden aus dem empfindlichen Gleichgewicht zwischen Land und Wasser, ist das Feuchtmoor ein wahres Refugium für zahlreiche, zum Teil bedrohte Tierarten.
Dennoch kann man von vielen kleinen Anlegestellen in den Dörfern Bootstouren unternehmen. Entweder kann man ein Boot mieten oder sich von einem einheimischen Bootsführer begleiten lassen. Wer sich an Land sicherer fühlt, kann entlang der Kanäle wunderbar wandern oder Rad fahren.


Der wohl bekannteste Ort des Marais Poitevin ist Coulon, die “Hauptstadt” des Grünen Venedig. Es ist der touristische Hotspot der Region. Im “Maison du Marais Poitevin” befindet sich das gleichnamige und sehr sehenswerte Ökomuseum, das viel zum Verständnis der Trockenlegung der Sümpfe und der Besonderheiten des Marais Poitevin beiträgt.


Vom Marais Poitevin geht es zurück an die Küste. La Rochelle wartet. La Rochelle ist eine sehenswerte Universitätsstadt. Und die Fischerei spielt zusätzlich eine entscheidende Hauptrolle. Wer hier in einem Restaurant Fisch bestellt, braucht sich um die Qualität keine Sorgen zu machen, denn frischer geht es kaum. Vor allem rund um den historischen Hafen reihen sich Cafés und Restaurants aneinander. Also eine Stadt die es sich lohnt genauer anzusehen.
Wenn man es denn ins Zentrum schafft. Wie in allen französischen Küsten- und Hafenstädten sind Parkplätze Mangelware. Was wir überhaupt nicht verstehen können, ist, dass die Park&Ride-Plätze ausnahmslos mit Höhenbeschränkungen versehen sind. Was für ein Unsinn. Auf den riesigen Flächen sind viele Plätze frei, wir kurven durch die Stadt, behindern den Berufsverkehr und finden am Ende doch keinen Parkplatz.
Also fahren wir weit aus dem Stadtzentrum auf einen kostenlosen Parkplatz am Straßenrand und lassen uns von “Uber” ins Zentrum und wieder zurück zum Wohnmobil bringen. Das klappt wunderbar und kostet nicht mal so viel mehr wie das Parken im Zentrum. Und ist sehr bequem!


Wir bummeln ausgiebig durch den alten Hafen, bestaunen die Türme, die im Mittelalter die Hafeneinfahrt bewachten, schlendern durch die Altstadt mit ihren mittelalterlichen Fachwerkhäusern und Renaissancebauten, teilweise mit Arkaden aus dem 17. Jahrhundert. Wir bestaunen die Kathedrale Saint-Louis und machen einen Abstecher in das Viertel der bunt bemalten Holzhäuser direkt am Yachthafen. Und dazwischen immer wieder Terrassen von Cafés und Restaurants mit Blick auf die Segelboote im Hafenbecken. Eine wirklich tolle Stadt!




Wer Zeit hat und sich für Aquaristik interessiert: Das Aquarium von La Rochelle ist einen Besuch wert. Im Zentrum der Stadt, gegenüber dem alten Hafen, befindet sich seit über 40 Jahren eines der größten privaten Aquarien Europas. Der Eintritt ist nicht ganz billig, aber für Fisch- und Korallenliebhaber ein Muss!

Wir verlassen La Rochelle nach einem anstrengenden, aber sehr interessanten Besichtigungstag und fahren der Küste entlang Richtung Fouras. Der Tag in La Rochelle war eine wunderbare Zeit, um zu flanieren und sich den Luxus des Nichtstuns zu gönnen.

In Fouras oder Fouras-les-Bains erwartet uns ein grandioses UNESCO-Weltkulturerbe: das Fort Fouras. Es überrascht nicht, dass auch dieses Fort von Vauban ausgebaut und befestigt wurde. Der ursprüngliche Bau begann jedoch lange vor seiner Zeit, als sich die Franzosen gegen die Wikinger verteidigen mussten.

Fouras selbst liegt auf einer Landzunge und ist ein sehr reizvolles Städtchen, früher sogar ein bekannter Badeort der späten Belle Epoque. In der Markthalle zeugen einige alte Fotos von dieser für das Städtchen bedeutenden Zeit. Das Baden im Meer wurde immer beliebter und so konnte auch Fouras von diesem “Trend” profitieren.



In diesem Gebiet, vor allem entlang der langen Ile d’Oléron, befindet sich das größte Austernbecken Europas. In natürlichen Austernbänken werden die jungen Austern ab September Schritt für Schritt veredelt, wobei sauberer Schlamm, viel Plankton und die Gezeiten eine wichtige Rolle spielen. Die Delikatesse ist hier auch richtig günstig. Die feinsten Sorten kosten ab einem Euro das Stück, die größeren zwei bis drei Euro. Und sie sollen sehr gut schmecken …

Nur 18 Meter über dem Meeresspiegel liegt der höchste Punkt der Île Madame, der kleinsten Insel im Mündungsgebiet der Charente. Auf der Insel soll es einen wunderbar einsamen und abgelegenen Stellplatz geben. Aber … keine Brücke führt auf die Insel. Es gibt nur eine Passage durch das Watt, die aber nur bei Ebbe passierbar ist, die Passe aux Bœufs, die Ochsenfurt! Als wir ankommen, ist der niedrigste Wasserstand gerade überschritten, die Flut setzt ein. Für uns ist die Durchfahrt leider nicht mehr möglich.
Wie gefährlich solche Übergänge sein können, erleben wir in diesem Moment hautnah. Ich schnappe mir den Fotoapparat, um ein paar Bilder vom Übergang zu machen. Teile des Übergangs sind bereits mit Wasser bedeckt. Ich bemerke, dass Menschen auf dem Weg sind, ein Auto rast auf den Übergang zu und fährt so weit wie möglich auf den noch trockenen Teil. Und jetzt bemerke ich den Grund für die Aufregung: Ein Hund ist im Wasser und paddelt wie verrückt, offensichtlich kann er nicht mehr stehen. Und durch die Wellen hat er anscheinend die Orientierung verloren. Ständig schwimmt er hin und her und weiß nicht wohin. Mal Richtung Insel, mal Richtung Land. Er scheint die Rufe der Menschen nicht zu hören. Entweder ist er völlig verwirrt oder es ist zu laut in der aufkommenden Brandung. Was tun? Wie ruft man einen Hund … man pfeift! Also pfeife ein paar Mal laut durch die Finger. Der Hund reagiert! Ich pfeife weiter, und tatsächlich schwimmt er jetzt in meine Richtung. An Land ist er völlig kopflos, übersieht seine Menschen, rennt an ihnen vorbei und ich kann ihn gerade noch stoppen und festhalten, bevor er völlig hysterisch das Weite suchen kann. Puh, das war knapp. Es sind noch keine 5 Minuten vergangen, da flitzte er noch spielend über die Passage und kann dann plötzlich nicht mehr stehen. Es ist faszinierend, wie schnell die Flut durch die Bucht kommt.
Das Herrchen des Hundes, der Monsieur umarmt mich vor lauter Dankbarkeit, Madame ist in Tränen aufgelöst. Wie schön!



Auf der Insel befindet sich ein beeindruckendes Kreuz aus Kieselsteinen, das “Croix aux Galets”, das jeden Sommer Ziel einer Wallfahrt ist, zum Gedenken an Hunderte von “widerspenstigen Priestern”, die sich zur Zeit der Französischen Revolution weigerten, den Eid auf die Zivilverfassung des Klerus abzulegen und deshalb hier unter unmenschlichen Bedingungen gefangen gehalten wurden und starben.

Am linken Ufer der Charente, in Port-des-Barques, einer Halbinsel, öffnet sich der Ausblick auf die Inseln Madame, Aix und Oléron und auf den Badeort Fouras mit seinem Fort Vauban.


Die Île d’Oléron, nach Korsika die zweitgrößte Insel Frankreichs, ist über das imposante, fast 3 km lange Viaduc d’Oléron zu erreichen. Von hier sind es 34 km auf der Inselhauptstraße bis zur Inselspitze am Leuchtturm “Phare de Chassiron”.

Wir wollen uns die hübsche Insel mit den kleinen, geduckten Fischerhäuschen und den blauen Fensterläden wieder einmal anschauen. Eine Rundfahrt um die Insel bis zum Leuchtturm und zurück zum Festland machen. Wir starten in Le Château d’Oléron, besuchen die Zitadelle auf den Resten einer mittelalterlichen Burg und den hübschen kleinen Hafen. Bunte Boote schaukeln auf dem Wasser und einige Terrassencafés laden zum Verweilen ein. Wir fahren vorbei an Obst- und Gemüsefeldern und riesigen Weinanbaugebieten, an Austernfarmen und langen, einsamen Sandstränden. Und natürlich, wenn ich komme … ist Ebbe! Das Meer hat sich weit zurückgezogen, ein Spaziergang im Schlick, auf den Steinen und in den Tümpeln bringt so manches Meeresgetier zum Vorschein. Wenn sich nicht schon die Vögel daran gütlich getan haben. Vorbei am Leuchtturm an der Nordspitze der Insel und zurück über La Cotinière, dem einzigen bedeutenden Fischereihafen der Insel. Nach einem Besuch von Saint-Trojan les-Bains und ein paar Tage später geht es über das Viadukt zurück auf das Festland.

Wir beschließen, am Ostufer der Gironde Richtung Bordeaux zu fahren. Eine Fährüberfahrt in Royan wäre zwar auch reizvoll gewesen, aber wir wollen uns noch ein paar schöne Städtchen an der Gironde ansehen. Meschers-sur-Gironde muss leider ausfallen. Ein Radrennen versperrt uns den Weg in den Ort. Schade, denn wir hätten uns gerne die Höhlenwohnungen und den schönen Fischerhafen angesehen.

Also weiter nach Talmont-sur-Gironde. Ein schmuckes Dörfchen mit dem Prädikat “Les Plus Beaux Villages de France”. Ein Verein, der gegründet wurde, um den Tourismus in kleinen ländlichen Gemeinden zu fördern. Und über Besuchermangel kann sich der Ort wahrlich nicht beklagen. Doch wie sich das Dörfchen präsentiert, entspricht noch den Statuten des Verbandes. Keine Fassadenwerbung, keine Straßenplakate, alles viel dezenter als in anderen Touristenhochburgen.


Das Schmuckstück von Talmont-sur-Gironde ist die romanische Pfarrkirche Ste-Radegonde, die auf einem Felsen an der Mündung der Gironde steht. Eine der vier Hauptrouten des französischen Jakobsweges führte direkt nach Talmont und wurde so für viele Pilger zu einer wichtigen Etappe auf dem Weg nach Santiago de Compostela.
In der schönen kleinen Kirche findet eine Trauung statt. Ein wunderschöner Rahmen. Leider kommen viele Hochzeitsgäste zu spät, weil die Straßen wegen des Radrennens gesperrt sind. Aber Hauptsache, das Brautpaar und der Pfarrer sind da!





Blaye-sur-Gironde ist noch ein Höhepunkt, bevor wir Bordeaux erreichen. Eigentlich eine kleine Stadt an der Gironde, aber mit einer wirklich riesigen Festung. Die Zitadelle von Blaye gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO. Seit dem 17. Jahrhundert beherrscht die Festungsanlage von Vauban die Stadt. Erbaut wurde sie zum Schutz der Stadt Bordeaux, die weiter flussaufwärts der Garonne liegt. Zusammen mit dem Fort Pâté und dem Fort Médoc machte sie ein Eindringen in die Gironde vom Meer aus unmöglich.

Weiter geht es entlang der Gironde, Bordeaux ruft. Durch ausgedehnte Weinberge führt eine kleine Straße nach Süden. Längst haben wir das weltberühmte Weinbaugebiet Bordeaux erreicht, das größte zusammenhängende Anbaugebiet für Qualitätswein der Welt. Entlang der Gironde und über die gewaltige Brücke der Dordogne ist es nicht mehr weit. Bordeaux ist einer der Höhepunkte der Reise. Eine bemerkenswert schöne Großstadt mit eleganten Straßen und monumentalen Plätzen, einer schönen Promenade entlang der Garonne und vielen verwinkelten Gassen.





